27.12.2024
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Dokument-Nr. 34638

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Urteil05.12.2024Oberlandesgericht Frankfurt am Main15 U 104/22
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Oberlandesgericht Frankfurt am Main Urteil05.12.2024

Mitschuld der auf einer Autobahn geschädigten Polizisten bei nicht hinreichender Beobachtung des herannahenden Verkehrs

Halten sich Polizisten nach Sicherung einer Unfallstelle noch knapp eine halbe Stunde nach einem voraus­ge­gangenen Unfallereignis am Rand der linken Fahrbahn einer Autobahn auf dem ca. 70 cm breiten Zwischen­streifen zwischen dem Fahrbahnrand und der auf dem Mittelstreifen befindlichen Betonschutzwand auf, ohne den herannahenden Verkehr ausreichend zu beobachten und sich hinter die Beton­schutzwände zu begeben, und werden sie deshalb tragisches Opfer eines weiteren Verkehrsunfalls, trifft sie eine Mitschuld. Das Oberlan­des­gericht Frankfurt am Main (OLG) hat insoweit einen Mitver­schul­den­santeil der betroffenen Polizeibeamten an der Entstehung des Verkehrsunfalls im Umfang von 1/3 im Wege eines Teil - Grundurteils ausgesprochen.

Die klagende Bundesrepublik Deutschland nimmt die Beklagten (Fahrer, Versicherer und Halter) als Dienstherr zweier ihrer bei dem streitigen Verkehrsunfall im November 2015 verletzten Bundes­po­li­zei­beamter und eines dabei getöteten Bundes­po­li­zei­beamten aus übergegangenem Recht auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch. Auf der BAB A4 war es in der Gemarkung Kirchheim zu einem Verkehrsunfall gekommen. Ein involviertes Fahrzeug blieb dabei auf dem linken von drei Fahrstreifen liegen, Trümmer- teile befanden sich auf den beiden anderen Spuren. Drei sich auf dem Heimweg befindliche Bundes­po­li­zisten passierten die Unfallstelle und entschlossen sich, anzuhalten, und die Unfallstelle abzusichern. Nachfolgend - ca. 30 Minuten später und nachdem die beiden rechten Fahrspuren vom Verkehr wieder befahren wurden - kollidierte der mit einem PKW die dritte Fahrspur der BAB A4 befahrende beklagte Fahrer frontal mit einem der drei sich auf dem Zwischen­streifen befindlichen Polizisten. Der Polizeibeamte wurde durch diesen Verkehrsunfall getötet. Nachfolgend kollidierte der beklagte Fahrer mit den beiden weiteren Beamten, die - teilweise - erheblich verletzt wurden. Der beklagte Fahrer wurde wegen fahrlässiger Tötung und fahrlässiger Körper­ver­letzung verurteilt.

Die Klägerin begehrt nun Ersatz der von ihr an die Hinterbliebenen erbrachten Leistungen in Höhe von knapp 350.000,00 €. Ausgehend von der vollständigen Haftung des beklagten Fahrers hat das Landgericht der Klage in Höhe von rund 210.000,00 € statt- gegeben. Die Klageabweisung bezog sich auf Leistungsteile, die das Landgericht als nicht auf die klagende Bundesrepublik übergegangen angesehen hat. Hiergegen richtet sich die Berufung der Beklagten. Sie hatte vor dem OLG teilweise Erfolg. Grundsätzlich hafteten die Beklagten für die unfallbedingten Schäden, bestätigte der Senat die Entscheidung des Landgerichts. Die Haftung beschränke sich allerdings im Umfang auf 2/3. "Die geschädigten Beamten haben sich als Fußgänger im Bereich der Fahrbahn der BAB A4 verkehrswidrig verhalten und dadurch eine nicht unerhebliche Schadensursache gesetzt," begründete der Senat die angenommene Mitschuld. Das nur in Ausnahmefällen zulässige Betreten einer Autobahn dürfe nur mit höchstmöglicher Sorgfalt und so kurz wie möglich erfolgen. Hier hätten sich die Beamten fahrlässig selbst gefährdet, als sie sich noch knapp eine halbe Stunde nach dem Unfallereignis "auf dem linken Seitentreifen befanden, ohne den herannahenden Verkehr zumindest sorgfältig zu beobachten und ohne angemessen auf diesen Verkehr zu reagieren". Der zeitliche Abstand zwischen dem ersten und dem hier streitigen Unfall folge aus den überzeugenden Angaben der vernommenen Zeugen. Aus den Zeugenaussagen folge zudem, dass die linke Fahrspur unmittelbar vor dem hier streit­ge­gen­ständ­lichen Unfall über mehrere 100 Meter komplett frei gewesen und vom Wetter her gut einsehbar gewesen sei. Der Zeuge habe auch angegeben, dass zwei dunkle Fahrzeuge am Ende der Fahrspur zu erkennen gewesen seien, die ziemlich schnell und hintereinander an den anderen Fahrzeugen vorgefahren seien. Damit sei davon auszugehen, dass bei aufmerksamer Beobachtung des herannahenden Verkehrs eine rechtzeitige Reaktion aller drei Beamten - etwa durch das Überklettern der die beiden Fahrbahnen trennen- den und ca. 92 cm hohen Beton­schutzwände - möglich gewesen und der Unfall vermieden worden wäre.

Bewerte man die beiderseitigen Verur­sa­chungs­beiträge, sei von einer Haftung von 1/3 auf Seiten der handelnden Beamten und zu 2/3 von den Beklagten auszugehen. Der Senat hat zunächst im Wege des Teil-Grundurteils über den Haftungsgrund entschieden und die Leistungsklage hinsichtlich des nicht begründeten Drittels abgewiesen.

Quelle: Oberlandesgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/pt)

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