Der klagende Versicherungsträger berief sich auf den Übergang von Schadensersatzansprüchen gemäß § 116 Abs. 1 SGB X.
Der Senat hat – anders als die Vorinstanz – eine schuldhafte Verletzung der Obhutspflicht verneint. Zwar sei der Träger eines Alten- und Pflegeheims verpflichtet, die Bewohner vor vermeidbaren Verletzungen zu schützen. Die Sicherungsanforderungen hätten sich an der konkreten Befindlichkeit des jeweiligen Bewohners auszurichten, über die sich der Heimträger unterrichten müsse. Ihm dürfe aber organisatorisch und wirtschaftlich nichts Unmögliches zugemutet werden, wie etwa eine umfassende Betreuung rund um die Uhr. Die Bereitstellung einer Pflegekraft zur ständigen Überwachung sei schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht zuzumuten. Zudem habe auch ein geistig und körperlich weitgehend verfallener alter Mensch das Recht, einen Rest an Eigenständigkeit und Freiheit zu erleben.
Der Heimbewohnerin war gegen 17.00 Uhr von einer Pflegekraft eine Injektion verabreicht worden. Um 17.30 Uhr sollte sie zum Abendessen abgeholt werden. In der Zwischenzeit hatte sie jedoch ihr Zimmer verlassen und sich allein auf den Weg zum Speiseraum gemacht. Aus einem Gutachten des Medizinischen Dienstes ging hervor, dass die Heimbewohnerin bei längeren Wegstrecken (wie zum Speiseraum) begleitet werden musste. Andererseits sei sie aber in der Lage gewesen, kürzere Wege außerhalb ihres Zimmers zurückzulegen. Der Senat hat bei dieser Sachlage eine Verletzung der Obhutspflicht verneint.
Die Besuchsfrequenz von 30 Minuten zwischen der Verabreichung der Injektion und der Abholung zum Abendessen sei nicht zu beanstanden gewesen. Der beklagte Heimträger sei nicht verpflichtet gewesen, die Heimbewohnerin lückenlos darauf zu überwachen, ob sie allein ihr Zimmer verlassen wolle. Eine lückenlose Ausgangskontrolle sei selbst dann als unverhältnismäßig anzusehen, wenn die Möglichkeit eines Sturzes angesichts des Alters, der hirnorganischen Schäden und der Schwächung des Bewegungsapparates der Heimbewohnerin nahe gelegen haben mögen. Dafür, dass sie sich allein auf den längeren Weg zum Speisesaal machen würde, hätten keine Anhaltspunkte bestanden.
Dass der Oberschenkelhalsbruch durch das Anlegen einer Hüftschutzhose mit Sicherheit vermieden worden wäre, hatte die Klägerin, die für eine Pflichtverletzung des Heimbetreibers darlegungs- und beweispflichtig war, nicht behauptet.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.03.2006
Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt/Main vom 08.02.2006