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Oberlandesgericht Celle Urteil28.02.2019

Kein Versi­che­rungs­schutz in privater Kranken­ver­si­cherung für ein durch Samenspende des gleich­geschlecht­lichen Partners gezeugtes und von Leihmutter zur Welt gebrachtes KindLebensgefährte des biologischen Vaters des Kindes ist nicht Elternteil im versicherungs­rechtlichen Sinne

In der privaten Kranken­ver­si­cherung besteht nach § 198 Abs. 1 Satz 1 VVG und den einschlägigen Versicherungs­bedingungen grundsätzlich die Möglichkeit, ein neugeborenes Kind in den für einen Elternteil bestehenden Vertrag einzubeziehen, wenn die Versicherung zum Zeitpunkt der Geburt mindestens drei Monate besteht und der Aufnahmeantrag innerhalb von zwei Monaten nach der Geburt gestellt wird (sogenannte Kinder­nach­versicherung). Diese Möglichkeit besteht jedoch nicht für das Kind eines genetischen Vaters, der mit dem Versi­che­rungs­nehmer in gleich­geschlecht­licher Beziehung lebt, mit ihm aber weder verheiratet noch verpartnert ist.

Der Versi­che­rungs­nehmer und Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls unterhielt bei der beklagten Versi­che­rungs­ge­sell­schaft seit längerem eine private Kranken­ver­si­cherung und lebte in gleich­ge­schlecht­licher Beziehung mit einem Mann, der biologischer Vater eines durch Samenspende mit Hilfe einer Leihmutter in den USA zur Welt gebrachten Kindes ist. Tags nach der Geburt erklärte der Superior Court of California den Versi­che­rungs­nehmer und dessen Lebensgefährten jeweils zu Eltern. Auch in der Geburtsurkunde des zuständigen Standesamtes sind der Versi­che­rungs­nehmer und dessen Lebensgefährte jeweils als Eltern des Kindes ausgewiesen.

Versi­che­rungs­nehmer beantragt Nachver­si­cherung für Kind

Zwischen dem Versi­che­rungs­nehmer und dem Versicherer entstand u. a. Streit darüber, ob das Kind in den Versi­che­rungs­vertrag einbezogen ist. Der Versi­che­rungs­nehmer beantragte vor dem erstinstanzlich zuständigen Landgericht Hildesheim (Az. 3 O 214/17) deshalb u. a. Feststellung, dass das Kind im Rahmen der Nachversicherung in seinen Versi­che­rungs­vertrag einbezogen sei.

Lebensgefährte des biologischen Vaters des Kindes ist nicht Elternteil im versi­che­rungs­recht­lichen Sinne

Das Landgericht gab der darauf gerichteten Klage statt. Auf die Berufung des Versicherers änderte das Oberlan­des­gericht die Entscheidung des Landgerichts insoweit. Der Kläger als Lebensgefährte des biologischen Vaters des Kindes sei auch unter Berück­sich­tigung der Entscheidung des Superior Court of California und des Inhalts der Geburtsurkunde nicht Elternteil im versi­che­rungs­recht­lichen Sinne, weshalb das Kind nicht in den Versi­che­rungs­vertrag einbezogen worden sei.

Anerkennung der Vaterschaft hat keine rechts­ge­staltende Wirkung für Famili­en­ver­hältnis zwischen Versi­che­rungs­nehmer und Kind

Die Anerkennung der Vaterschaft durch den Versi­che­rungs­nehmer und dessen Eintragung im Gebur­ten­re­gister als Mit-Elternteil habe lediglich eine beurkundende Funktion, aber keine rechts­ge­staltende Wirkung für das Famili­en­ver­hältnis zwischen dem Versi­che­rungs­nehmer und dem Kind.

Deutsches Abstim­mungsrecht für Bestimmung des Elternteils entscheidend

Die Auslegung des Begriffs "Elternteil" hat der genannten Senat­s­ent­scheidung zufolge nach den gesetzlichen Vorschriften des deutschen Rechts zu erfolgen. Wer "Elternteil" ist, bestimme sich nach dem deutschen Abstim­mungsrecht, das eine gleichgeschlechtliche Elternschaft - jedenfalls nach bestehender Gesetzeslage - nicht kenne. Das Gesetz gehe vielmehr davon aus, dass ein Kind regelmäßig eine Mutter als weiblichen Elternteil und eine männliche Person als zweiten Elternteil habe. Gleich­ge­schlechtliche Wunscheltern könnten dem Kind zwar eine mit der Elternschaft durch verschie­den­ge­schlechtliche Wunscheltern sozial gleichwertige Elternschaft vermitteln. Nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs sei dafür aber erforderlich, dass die Elternschaft auf Dauer angelegt und rechtlich etabliert sei (vgl. Bundes­ge­richtshof, Beschluss v. 10.12.2014 - XII ZB 463/13 -). Daran fehle es hier, weil der Versi­che­rungs­nehmer und der biologische Vater des Neugeborenen weder verheiratet noch verpartnert gewesen seien.

Entscheidung des Superior Court in Deutschland nicht anerken­nungsfähig

Da der Entscheidung des Superior Court keine Prüfung der Stabilität und Dauerhaftigkeit der Lebens­ge­mein­schaft zwischen dem Kläger und seinem Lebensgefährten vorausgegangen war, sei die Entscheidung nicht anerken­nungsfähig mit der Folge, dass die hierdurch erfolgte Zuweisung der Elternstellung des Klägers zu dem Kind in Deutschland für die versi­che­rungs­rechtliche Fragestellung nicht verbindlich sei. Dieses Ergebnis - so führt der Senat in der genannten Entscheidung aus - sei nicht Ausfluss einer "unzeitgemäßen Diskriminierung", sondern Folge der derzeitigen Gesetzeslage.

Quelle: Oberlandesgericht Celle/ra-online (pm)

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