Oberlandesgericht Celle Beschluss22.05.2017
Leihmutterschaft im Ausland: Ausländische standesamtliche Beurkundung der Mutterschaft der genetischen Mutter begründet deren Anspruch auf Eintragung der Mutterschaft in DeutschlandVerbot der Leihmutterschaft in Deutschland steht Eintragung nicht entgegen
Wird die Mutterschaft der genetischen Mutter zu einem durch eine Leihmutter geborenen Kind durch ein ausländisches Standesamt beurkundet, stellt dies eine nach § 108 FamFG anerkennungsfähige Entscheidung dar, so dass der genetischen Mutter gegenüber dem deutschen Standesamt ein Anspruch auf Eintragung ihrer Mutterschaft zusteht. Das Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland steht der Eintragung nicht entgegen. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juni 2015 beantragte ein Paar bei einem deutschen Standesamt die Eintragung als gemeinsame Eltern des in der Ukraine geborenen Kindes. Das Kind wurde durch eine Leihmutter ausgetragen. Die Antragsteller waren die genetischen Eltern des Kindes. Die Leihmutter hatte vor einem ukrainischen Notar ihre Zustimmung zur Eintragung der genetischen Eltern als gemeinsame Eltern des Kindes erklärt. Auf dieser Grundlage hatte das Standesamt in Kiew die genetischen Eltern als alleinige Eltern des Kindes beurkundet. Das deutsche Standesamt weigerte sich aber die beantragte Eintragung, insbesondere im Bezug zur genetischen Mutter, vorzunehmen. Auch das daraufhin angerufene Amtsgericht lehnte eine Eintragung der genetischen Eltern als gemeinsame Eltern des Kindes ab. Dagegen richtete sich die Beschwerde der Eltern.
Anspruch auf Eintragung der genetischen Mutter als Mutter
Das Oberlandesgericht Celle entschied zu Gunsten der Antragsteller und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Das Standesamt müsse das Kind als Kind der genetischen Mutter eintragen. Denn die Beurkundung des ukrainischen Standesamts sei eine nach § 108 Abs. 1 FamFG anzuerkennende Entscheidung. Denn auch behördliche Entscheidungen unterfallen grundsätzlich dem Anwendungsbereich der Vorschrift.
Verbot der Leihmutterschaft in Deutschland steht Eintragung nicht entgegen
Die Eintragung sei nach Auffassung des Oberlandesgerichts nicht nach § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG ausgeschlossen. Denn die Begründung eines Eltern-Kind-Verhältnisses zwischen genetischen Eltern und dem von einer genetisch nicht verwandten Leihmutter ausgetragenen Kind verstoße nicht gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechts. Zwar schütze das Verbot der Leihmutterschaft Grundrechte der Leihmutter. Denn die der Leihmutterschaft zugrunde liegende Vereinbarung führe letztlich dazu, dass sie zum bloßen Mittel werde, den unerfüllten Kinderwunsch der Auftraggeber zu verwirklichen und greife damit in den Kernbereich ihres Persönlichkeitsrechts ein.
Beachtung der Grundrechte des Kindes
Bestehe aber kein Konflikt zwischen den Auftraggebern und der Leihmutter, so das Oberlandesgericht, sondern gehe es lediglich um die nachträgliche Anerkennung eines unter Geltung fremden Rechts begründeten, rechtlichen Eltern-Kind-Verhältnisses, so trete der Grundrechtseingriff der Leihmutter in seiner Bedeutung zurück. Demgegenüber überwiegen die für die Anerkennung des Verhältnisses sprechenden Grundrechte des betroffenen Kindes. Denn dem Kind würde die rechtliche Anerkennung des Verhältnisses zu seiner sozialen Mutter versagt. Dies verstoße gegen das Grundrecht des Kindes aus Art. 1 GG. Zudem gehöre die Verfolgung des Kindeswohls zu den wesentlichen Grundsätzen deutschen Rechts.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.10.2017
Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)