14.11.2024
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Urteil07.12.2004Oberlandesgericht Celle16 U 127/04
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Oberlandesgericht Celle Urteil07.12.2004

OLG Celle gibt Käufern von "Schrot­tim­mobilie" RechtKaufvertrag muss rückabgewickelt werden

Eine hannoversche Wohnungs­ge­sell­schaft, die Tausende Wohnungen der Neuen Heimat übernommen hatte, muss eine im Jahr 1995 an die Kläger verkaufte Eigen­tums­wohnung in Peine zurücknehmen und den Vertrag rückabwickeln. Dies hat der 16. Zivilsenat des Oberlan­des­ge­richts Celle (OLG) am 7. Dezember 2004 entschieden (16 U 127/04).

Der Senat hat damit im Ergebnis die erstin­sta­nzliche Entscheidung des Landgerichts (4 O 124/03) bestätigt und seine bisherige Rechtsprechung zum Thema "Schrot­tim­mo­bilien" zugunsten der Käufer modifiziert.

Zur Begründung führt der Senat aus, anders als in den bisher von ihm zu entscheidenden Fällen hätten die Kläger ihren Anspruch nicht mit einem sittenwidrig überhöhten Kaufpreis begründet. Hierzu wäre es nach der Rechtsprechung des Bundes­ge­richtshofs erforderlich gewesen zu belegen, dass der Kaufpreis den Wert der Immobilie um 100 % überstiegen habe. Dies ist in den früheren ähnlichen Fällen nie gelungen.

Hier hätten die Kläger dagegen erstmals die Vertrie­bss­truktur (Verkauf über Vertrie­b­s­partner) und das Vertriebsmodell (sog. Dortmunder Modell) dargelegt, wonach die Finanzierung ohne jedes Eigenkapital erfolgen sollte.

Daraus ergebe sich, dass sich die beklagte Wohnungs­ge­sell­schaft Beratungsfehler ihrer Vertrie­b­s­partner zurechnen lassen müsse, auch wenn sie selbst nie direkten Kontakt mit den Käufern gehabt habe und nach dem Kaufvertrag die Finanzierung ausschließlich in den Verant­wor­tungs­bereich der Käufer fallen sollte.

Zum Konzept der Beklagten habe es nämlich gerade gehört, Kaufin­ter­es­senten, die über kein Eigenkapital verfügten, mit der Aussage anzuwerben, der - stets über die Badenia - vollfinanzierte Immobilienkauf sei mithilfe der ersparten Steuern eine sichere Vermögensanlage auch für das Alter. Auch wenn der Vertrieb der Wohnungen nicht durch ihre eigenen Mitarbeiter, sondern durch Vertrie­b­s­partner bzw. deren Tochterfirmen erfolgte, hafte sie daher für Beratungsfehler ihrer "Erfül­lungs­ge­hilfen", die mit der Beratung eigentlich eine Verpflichtung der Verkäuferin (also der Beklagten) erfüllt hätten.

Eine Verletzung von Beratungs­pflichten sieht der Senat hier darin, dass die Vertriebsfirma bzw. ihre Tochter­ge­sell­schaft die Kläger nicht darüber aufgeklärt hatte, dass die Gesamtlaufzeit der Finanzierung etwa 30 betrage. Für die zum Zeitpunkt des Vertrags­schlusses knapp 40 Jahre alten Kläger wäre diese Information ein Grund gewesen, von dem zur Altersvorsorge gedachten Sparkonzept Abstand zu nehmen.

Auch seien die Kläger nicht über das mit dem optisch niedrigen Zinssatz (hier 5,1 %) und dem Disagio i.H.v. 8 % verbundene Risiko aufgeklärt worden. Um ihre anfangs relativ geringe monatliche Belastung für die zwei zeitlich versetzt anzusparenden Bausparverträge zu halten, hätten die Kläger nämlich nach Ablauf der 5-jährigen Zinsbin­dungsfrist entweder eine um 8 % höhere Kreditsumme aufnehmen oder aber für den bisherigen Kredit höhere Zinsen zahlen müssen. Nach 10 und 15 Jahren wäre eine erneute Umfinanzierung erforderlich gewesen.

Das Thema "Schrot­tim­mo­bilien" beschäftigt derzeit die Gerichte in ganz Deutschland. Zum Teil richten sich die Klagen enttäuschter Käufer gegen die finanzierende Badenia, zum Teil gegen den Immobi­li­en­ver­käufer.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung die Revision zum Bundes­ge­richtshof zugelassen. Wird es rechtskräftig, kommt auf die Beklagte möglicherweise eine Welle von Rückab­wick­lungs­be­gehren zu.

Nachtrag vom 15.12.2005:

Die beim Bundes­ge­richtshof eingelegte Revision wurde von der Wohnungs­bau­ge­sell­schaft zurückgenommen. Damit ist das Urteil rechtskräftig geworrden.

Quelle: Pressemitteilung OLG Celle vom 14.12.2004

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