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- Landgericht Hannover, Urteil01.08.2022, 12 O 103/21
Oberlandesgericht Celle Urteil15.02.2023
Vorbeifahren an Müllfahrzug setzt nicht stets Schrittgeschwindigkeit und Seitenabstand von 2 m vorausIm Einzelfall kann Geschwindigkeit von 13 km/h sowie Seitenabstand von 50 cm ausreichen
Wer an ein im Einsatz befindliches Müllfahrzeug vorbeifahren will, muss nicht stets mit Schrittgeschwindigkeit fahren und einen Seitenabstand von mindestens 2 m einhalten. Im Einzelfall kann auch eine Geschwindigkeit von 13 km/h und ein Seitenabstand von 50 cm ausreichen. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im März 2021 kam es auf einer Straße in Hannover zu einem Verkehrsunfall als ein Pflegedienstfahrzeug an einem im Einsatz befindlichen Müllfahrzeug vorbeifuhr und dabei mit einer Mülltonne kollidierte. Zu der Kollision kam es, weil ein Müllmann den Container hinter dem Müllfahrzeug quer über die Straße schob. Die Pflegedienstfirma erhob schließlich Klage auf Zahlung von Schadensersatz. Nachfolgend bestand Streit darüber, ob die Fahrerin des Pflegedienstfahrzeugs eine Mithaftung anzulasten sei, da sie mit einer Geschwindigkeit von 13 km/h und einem Seitenabstand von 50 cm an dem Müllfahrzeug vorbeigefahren war.
Landgericht nahm hälftige Haftungsverteilung vor
Das Landgericht Hannover nahm eine hälftige Haftungsverteilung vor. Zwar sei auf Seiten der Beklagten ein Sorgfaltsverstoß festzustellen. Der Müllmann hätte den Müllcontainer nicht über die Fahrbahn schieben dürfen, ohne auf das Klägerfahrzeug zu achten. Aber auch der Fahrerin des Klägerfahrzeugs sei eine Pflichtverletzung anzulasten. Sie habe nämlich weder Schrittgeschwindigkeit noch einen Seitenabstand von 2 m eingehalten. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung der Klägerin.
Oberlandesgericht verneint Erfordernis der Schrittgeschwindigkeit und eines Seitenabstands von 2 m
Das Oberlandesgericht Celle entschied zum Teil zu Gunsten der Klägerin. Das Landgericht habe zu Unrecht einen Sorgfaltsverstoß der Fahrzeugführerin angenommen. Es sei nicht geboten, stets mit Schrittgeschwindigkeit und einem Seitenabstand von 2 Metern an einem im Einsatz befindlichen Müllfahrzeug vorbeizufahren. Es seien vielmehr die Umstände des Einzelfalls maßgeblich. Danach sei zwar hier eine Verlangsamung der Geschwindigkeit geboten gewesen. Dem sei die Fahrzeugführern aber nachgekommen. Bei der gefahrenen Geschwindigkeit von 13 km/h sei nach Ausführungen eines Sachverständigen der Unfall räumlich vermeidbar gewesen. Zudem sei zu beachten, dass die Fahrzeugführerin nicht habe damit rechnen müssen, dass plötzlich ein Müllcontainer hinter dem Müllfahrzeug hervorgeschoben werde.
Haftungsverteilung von 75:25 zu Lasten der Beklagten
Da auf Seiten der Klägerin die leicht erhöhte Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs zu berücksichtigen sei, nahm das Oberlandesgericht eine Haftungsverteilung von 75:25 zu Lasten der Beklagten vor.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.03.2023
Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)
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