Oberlandesgericht Celle Urteil04.03.2025
Enorme und unplausible Verbrauchsabweichungen können Möglichkeit eines offensichtlichen Fehlers einer Stromrechnung begründenVerbrauchsunterschiede wegen Heizung mit Strom und Nutzung einer teilweisen defekten Photovoltaikanlage
Zwar können enorme und unplausible Verbrauchsunterschiede die ernsthafte Möglichkeit eines offensichtliches Fehlers der Stromrechnung begründen, mit der Folge, dass gemäß § 17 Abs. 1 Nr. 1 StromGVV ein Recht zur Zahlungsverweigerung besteht. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Verbrauchsunterschiede damit erklärt werden können, dass der Kunde mit Strom heizte und eine - teilweise defekte Photovoltaikanlage - nutzte. Dies hat das Oberlandesgericht Celle entschieden.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Stromversorger erhob im Jahr 2024 vor dem Landgericht Bückeburg Klage gegen eine Kundin wegen Entgelte für Stromlieferungen für die Jahre 2017 bis 2023. Die Kundin hatte zuletzt im Jahr 2017 den Zählerstand mitgeteilt, so dass für den Zeitraum 2018 bis 2022 der Stromverbrauch vom Versorger geschätzt wurde. Dieser geschätzte Wert lag im Verhältnis zum Vorzeitraum um das 5,5-fache höher. Im Verhältnis zum Nachzeitraum war der geschätzte Verbrauchswert um das 3,3-fache höher. Die Kundin ging daher von einem offensichtlichen Fehler der Rechnung aus und weigerte sich daher zu zahlen.
Landgericht wies Klage ab
Das Landgericht Bückeburg wies die Klage ab. Die Kundin sei seiner Auffassung nach zur Verweigerung der Zahlung nach § 17 Abs. 1 Nr. 1 StromGVV berechtigt, da angesichts der erheblichen und nicht plausiblen Abweichungen der Verbrauchswerte die ernsthafte Möglichkeit eine offensichtlichen Fehlers vorliege. Gegen diese Entscheidung richtete sich die Berufung des Stromversorgers.
Oberlandesgericht verneint Recht zur Zahlungsverweigerung
Das Oberlandesgericht Celle entschied zu Gunsten des Stromversorgers. Der Kundin stehe kein Recht zur Zahlungsverweigerung zu. Zwar sei die Abweichung gegenüber dem Vorzeitraum um das rund 5,5-fache für sich genommene erheblich. Ihre Indizwirkung werde aber durch die deutlich geringere Abweichung gegenüber dem Nachzeitraum abgeschwächt. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Kundin mit Strom heizte und eine - teilweise defekte - Photovoltaikanlage nutzte. Dies könne die Verbrauchsunterschiede erklären.
Fehlende Eingrenzung der enormen Abweichungen wegen unterbliebener Zählerablesung
Soweit die enormen Abweichungen zeitlich nicht genau eingegrenzt werden können, sei dies nach Ansicht des Oberlandesgerichts auf die unterbliebene Zählerablesung der Kundin zurückzuführen. Wird der Verbrauch aus diesem Grund über einen mehrjährigen Zeitraum geschätzt, so falle das Risiko der fehlenden Eingrenzung der enormen Abweichungen dem Kunden zur Last, wenn der Versorger ihn hinreichend deutlich auf die vorzunehmende Selbstablesung hingewiesen hat.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.05.2025
Quelle: Oberlandesgericht Celle, ra-online (vt/rb)