21.11.2024
21.11.2024  
Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
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Oberlandesgericht Bamberg Urteil11.09.2012

Geschädigte müssen Sturz aufgrund nicht gestreuter Gehwege nachweisen könnenBestehende Nachweispflicht bei zweifelhaften Zeugenaussagen nach Sturz auf Gehweg

Verbleiben an Zeugenaussagen Zweifel hinsichtlich eines Unfalls, der Jahre zurückliegt, geht dies zu Lasten desjenigen, der den Nachweis vor Gericht erbringen muss. Dies ist meist derjenige, der eine bestimmte Tatsache – hier nicht ausreichendes Räumen und Streuen – behauptet. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Coburg hervor. Die Klage einer Kranken- und Pflegekasse gegen Hauseigentümer wegen angeblicher Verletzung der Räum- und Streupflicht blieb in diesem Zusammenhang erfolglos. Ein unterlassenes Streuen war nach sechs Jahren nicht mehr aufklärbar.

Im zugrunde liegenden Fall stürzte im März 2006 die bei den Klägerinnen Versicherte gegen 8.55 Uhr auf dem Gehsteig vor dem Anwesen der Beklagten und brach sich das linke Sprunggelenk. Die gesetzliche Kranken- und Pflege­ver­si­cherung klagten daher gegen die Hauseigentümer wegen Verletzung der Räum- und Streupflicht auf Zahlung der Behand­lungs­kosten von etwa 23.000 Euro.

Klägerin: Gehweg war nicht gestreut

Seitens der Klägerinnen wurde vorgetragen, dass der öffentliche Gehweg vor dem Grundstück der Beklagten nicht gestreut gewesen sei. Unter einer leichten Schneedecke hatte sich eine Eisschicht gebildet, auf der die Versicherte stürzte und sich ihr linkes Sprunggelenk brach.

Beklagte: Klägerin ist aus anderen Gründen gestürzt

Die Beklagten gaben an, dass sie am Abend vor dem Unfall den Gehsteig mit Splitt gestreut hätten. Als sie am nächsten Tag um sechs Uhr das Haus verlassen hätten sei der Gehsteig weder glatt noch mit einem dünnen Schneefilm überzogen gewesen. Die Versicherte müsse aus anderen Gründen gestürzt sein.

Gericht nicht von Verletzung der Räum- und Streupflicht überzeugt

Die Klage der Kranken- und Pflege­ver­si­cherung blieb durch zwei Instanzen erfolglos. Zunächst wies das Landgericht Coburg die Klage ab. Fünf Jahre nach dem Sturz vernahm das Landgericht insgesamt vier Zeugen zum Zustand des Gehwegs. Danach war es nicht davon überzeugt, dass eine größere Fläche auf dem Gehweg vor dem Anwesen der Beklagten nicht gestreut war. Das Landgericht sah es jedoch als erwiesen an, dass der Gehweg am Abend vorher mit Splitt bestreut worden war. Ob eine größere Fläche nicht gestreut war und die Versicherte dort stürzte, vermochte das Landgericht nicht mehr festzustellen. Die Zeugen gaben jedoch übereinstimmend an, dass es erst unmittelbar vor dem Sturz leicht zu schneien begonnen hatte. Der Nachweis einer Verletzung der Räum- und Streupflicht konnte zur Überzeugung des Landgerichts nicht geführt werden. Deshalb wies es die Klage ab.

Durchgehend nicht gestreuter Glättebereich auf Gehsteig nicht vorhanden

Die Versicherer zogen dagegen vor das Oberlan­des­gericht Bamberg. Dieses vernahm die Zeugen mehr als sechs Jahre nach dem Unfall nochmals. Aber auch dort ließen sich die Widersprüche zwischen ihren Angaben nicht aufklären. Das Oberlan­des­gericht war jedoch davon überzeugt, dass ein durchgehend nicht behandelter Glättebereich auf dem Gehsteig nicht vorhanden war. Die Klägerinnen hätten nach Auffassung des Oberlan­des­ge­richts den Nachweis führen müssen, dass trotz des Streuens von Splitt eine große Fläche des Gehsteigs nicht abgesichert war.

Nur ein bis zwei Meter schnee- und eisfreier Streifen Pflicht

Dieser Nachweis gelang den klagenden Versicherungen nicht. Die zweite Instanz wies noch darauf hin, dass ein Hauseigentümer auf dem Gehweg nur einen ein bis zwei Meter breiten Streifen schnee- und eisfrei halten muss. Wenn tagsüber Glätte eintritt, wird für das Räumen und Streuen auch ein angemessener Zeitraum zugebilligt. Vorliegend hatte es kurz vor dem Sturz leicht zu schneien begonnen, deshalb konnte die Fußgängerin auch Eis auf dem Gehweg nicht erkennen. Mit der Beseitigung einer solch dünnen Schneeauflage hätten die Eigentümer bis zum Ende des Schneefalls warten dürfen, da am Unfallort der Einsatz von Tausalz durch städtische Verordnung verboten war. Deshalb sah auch das Oberlan­des­gericht Bamberg keinen Verstoß gegen die Räum- und Streupflicht und wies die Berufung zurück.

Quelle: Landgericht Coburg/ra-online

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