Drei Angeklagten aus dem Raum Hof wird vorgeworfen, als Beschäftigte im dortigen Krematorium in den Jahren 2005 und 2006 aus der nach der Verbrennung verbleibenden Asche von Verstorbenen mindestens 12 kg Zahngold gesammelt und dieses weiterverkauft zu haben. Hierdurch erzielten die Angeklagten einen Erlös in Höhe von mindestens 50.000 Euro, den sie zu gleichen Teilen unter sich aufteilten.
Das Amtsgericht Hof hatte die Angeklagten vom Vorwurf der Störung der Totenruhe freigesprochen, weil es der Meinung war, dass die Wegnahme des Zahngoldes, das aufgrund eines technischen Vorgangs nach der Verbrennung bereits separiert war, ein „menschenwürdeneutraler und pietätsneutraler“ Vorgang sei, der nicht vom Schutzzweck des § 168 StGB erfasst werde.
Der 2. Strafsenat hat das Urteil am 29.01.2008 auf die Revision der Staatsanwaltschaft Hof aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Hof zurückverwiesen. Nach Auffassung des Senats verkennt die Entscheidung des Amtsgerichts die tatbestandlichen Voraussetzungen und auch den Schutzzweck der 1. Alt. des Straftatbestandes der Störung der Totenruhe (§ 168 StGB). Denn bei dem nach der Leichenverbrennung verbleibenden Zahngold handelt es sich um einen Teil der Asche eines verstorbenen Menschen, der von den Angeklagten aus dem Gewahrsam des Berechtigten weggenommen wurde.
Der Begriff „Asche eines verstorbenen Menschen“ umfasst grundsätzlich alle Arten von Verbrennungsrückständen. Teil der Asche sind somit auch die mit einem menschlichen Körper (zu Lebzeiten) fest verbundenen fremden Bestandteile, die nicht verbrennbar sind und als Verbrennungsrückstand verbleiben. Der Strafsenat hat darauf hingewiesen, dass sich der Gesetzgeber bei den Beratungen zum 3. Strafrechtsänderungsgesetz im Jahr 1953 veranlasst gesehen hat, die Asche in den Schutzbereich der Vorschrift des § 168 StGB aufzunehmen, um einer „Verstärkung des Schutzes der Totenruhe“ Rechnung zu tragen. Durch diese tatbestandsmäßige Erweiterung sollte eine vorhandene Lücke im Strafrechtsschutz geschlossen und die Feuerbestattung mit der Erdbestattung gleichgestellt werden.
Die Verbrennungsrückstände einer Leiche genießen demnach insgesamt den gleichen Anspruch auf pietätvolle Behandlung und Wahrung der Totenruhe wie erdbestattete Leichen. Das Zahngold ist deshalb stets Teil der Asche des jeweils krematierten Verstorbenen und mit den sonstigen Verbrennungsrückständen eines Verstorbenen in einer Urne zur Bestattung zusammenzuführen.
Da hinsichtlich der Leiche bzw. der Asche des Verstorbenen von einem Mitgewahrsam sowohl der totenfürsorgeberechtigten Angehörigen als auch des mit der Feuerbestattung beauftragten Betreibers dieser Anlage auszugehen ist, stellte die von den Angeklagten - entgegen den Anweisungen des Betreibers des Krematoriums - vorgenommene Wegnahme des Zahngoldes einen Gewahrsamsbruch dar, der die weiteren tatbestandlichen Voraussetzungen des § 168 Abs. 1 StGB erfüllte.
Gemessen an der komplexen Schutzfunktion des § 168 StGB und vor allem im Hinblick auf das auch nach dem Tode fortwirkende Persönlichkeitsrecht verstößt das Verhalten der Angeklagten gegen den Schutzzweck der Norm, weil sie Teile der Asche verstorbener Menschen als Handelsobjekt missbrauchten. Die über den Tod hinaus wirkende Würde des Menschen verbietet es, ihn einer Behandlung auszusetzen, die seine Subjektqualität prinzipiell in Frage stellt.
Eine Strafbarkeit wegen eines Eigentumsdelikts (z.B. Diebstahl) kommt demgegenüber nicht in Betracht, weil es sich bei dem menschlichen Leichnam und ebenso bei der Asche eines Verstorbenen nicht um eigentumsfähige Sachen handelt, die weggenommen werden können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.01.2008
Quelle: ra-online, OLG Bamberg (pm)