Dokument-Nr. 2094
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss17.03.2006
Sozialraumkonzept darf Freiberufler nicht ausschließen
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat über eine Beschwerde des Landkreises Lüneburg entschieden, mit der sich dieser dagegen gewandt hat, dass das Verwaltungsgericht Lüneburg ihm im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt hat, mit verschiedenen Trägern der freien Jugendhilfe und zwei Samtgemeinden Leistungsvereinbarungen zur Durchführung ambulanter erzieherischer Hilfen abzuschließen.
Der Landkreis Lüneburg begann Ende der neunziger Jahre damit, die Leistungen der Jugendhilfe im Bereich der ambulanten Hilfe zur Erziehung mit dem Ziel einer Orientierung an sozialen Räumen umzustrukturieren. Dazu hat er bereits für drei Bereiche jeweils mit einem Träger der freien Jugendhilfe Leistungsvereinbarungen zur Durchführung ambulanter erzieherischen Hilfen geschlossen. Nunmehr beabsichtigt der Landkreis, sein Konzept flächendeckend in seinem gesamten Bereich umzusetzen und mit verschiedenen Trägern der freien Jugendhilfe und zwei Samtgemeinden Leistungsvereinbarungen zur Durchführung ambulanter erzieherischer Hilfen in den jeweiligen Sozialräumen abzuschließen. Die Leistungsvereinbarungen sehen vor, dass sich der jeweilige Vertragspartner des Landkreises dazu verpflichtet, alle im Sozialraum erforderlichen ambulanten Hilfen zur Erziehung zu leisten, und ihm u.a. dafür vom Landkreis ein jährliches Budget zur Verfügung gestellt wird.
Die vier Antragsteller sind freiberuflich tätig und bieten im Bereich des Landkreises Lüneburg Leistungen der ambulanten Hilfe zur Erziehung an. Sie wenden sich gegen die vom Landkreis geplante flächendeckende sozialräumliche Umgestaltung der ambulanten erzieherischen Hilfen in seinem Bereich. Auf ihren Eilantrag hat das Verwaltungsgericht Lüneburg dem Landkreis Lüneburg im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die beabsichtigten Leistungsvereinbarungen zur Durchführung ambulanter erzieherischer Hilfen abzuschließen, weil der Landkreis dadurch in unzulässiger Weise in die Berufsausübungsfreiheit der Antragsteller eingreifen würde.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 4. Senat - hat die gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts eingelegte Beschwerde des Landkreises Lüneburg zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Antragsteller zwar nicht Träger der freien Jugendhilfe sind, der beabsichtigte Abschluss der Leistungsvereinbarungen jedoch gleichwohl einen Eingriff die Berufsausübungsfreiheit der privat-gewerblichen Antragsteller darstellt. Die Antragsteller sind berechtigt, auf dem Gebiet der Jugendhilfe Leistungen anzubieten. Durch ihre Tätigkeit im Bereich der Hilfe zur Erziehung besteht eine Markt- und Konkurrenzsituation zu der Tätigkeit der Träger der freien Jugendhilfe. Staatliche Maßnahmen, die - wie hier - diesen Wettbewerb verändern und zu einer schwerwiegenden Beeinträchtigung der beruflichen Betätigungsfreiheit der Antragsteller führen, greifen daher in den Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsausübungsfreiheit ein. Als gewerblich tätige Einzelpersonen sind die Antragsteller auch nicht in der Lage gewesen, sich an dem vom Landkreis Lüneburg verfolgten Konzept einer sozialräumlichen Orientierung der ambulanten Erziehungshilfen zu beteiligen. Hinreichende gesetzliche Grundlagen für den Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit der Antragsteller sind nicht ersichtlich. Aber selbst wenn diese gegeben wären, würde der Eingriff unverhältnismäßig sein. Die Antragsteller würden derart schwerwiegend in ihrer Berufsausübungsfreiheit betroffen werden, dass sie im Bereich des Landkreises und anderer öffentlicher Jugendhilfeträger mit einem entsprechenden Planungskonzept faktisch ihren Beruf nicht mehr ausüben könnten.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 17.03.2006
Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17.03 2006
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