15.11.2024
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Dokument-Nr. 2094

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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss17.03.2006

Sozia­l­raum­konzept darf Freiberufler nicht ausschließen

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat über eine Beschwerde des Landkreises Lüneburg entschieden, mit der sich dieser dagegen gewandt hat, dass das Verwal­tungs­gericht Lüneburg ihm im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt hat, mit verschiedenen Trägern der freien Jugendhilfe und zwei Samtgemeinden Leistungs­ver­ein­ba­rungen zur Durchführung ambulanter erzieherischer Hilfen abzuschließen.

Der Landkreis Lüneburg begann Ende der neunziger Jahre damit, die Leistungen der Jugendhilfe im Bereich der ambulanten Hilfe zur Erziehung mit dem Ziel einer Orientierung an sozialen Räumen umzustruk­tu­rieren. Dazu hat er bereits für drei Bereiche jeweils mit einem Träger der freien Jugendhilfe Leistungs­ver­ein­ba­rungen zur Durchführung ambulanter erzieherischen Hilfen geschlossen. Nunmehr beabsichtigt der Landkreis, sein Konzept flächendeckend in seinem gesamten Bereich umzusetzen und mit verschiedenen Trägern der freien Jugendhilfe und zwei Samtgemeinden Leistungs­ver­ein­ba­rungen zur Durchführung ambulanter erzieherischer Hilfen in den jeweiligen Sozialräumen abzuschließen. Die Leistungs­ver­ein­ba­rungen sehen vor, dass sich der jeweilige Vertragspartner des Landkreises dazu verpflichtet, alle im Sozialraum erforderlichen ambulanten Hilfen zur Erziehung zu leisten, und ihm u.a. dafür vom Landkreis ein jährliches Budget zur Verfügung gestellt wird.

Die vier Antragsteller sind freiberuflich tätig und bieten im Bereich des Landkreises Lüneburg Leistungen der ambulanten Hilfe zur Erziehung an. Sie wenden sich gegen die vom Landkreis geplante flächendeckende sozialräumliche Umgestaltung der ambulanten erzieherischen Hilfen in seinem Bereich. Auf ihren Eilantrag hat das Verwal­tungs­gericht Lüneburg dem Landkreis Lüneburg im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig untersagt, die beabsichtigten Leistungs­ver­ein­ba­rungen zur Durchführung ambulanter erzieherischer Hilfen abzuschließen, weil der Landkreis dadurch in unzulässiger Weise in die Berufs­aus­übungs­freiheit der Antragsteller eingreifen würde.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht - 4. Senat - hat die gegen den Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts eingelegte Beschwerde des Landkreises Lüneburg zurückgewiesen. Zur Begründung hat der Senat ausgeführt, dass die Antragsteller zwar nicht Träger der freien Jugendhilfe sind, der beabsichtigte Abschluss der Leistungs­ver­ein­ba­rungen jedoch gleichwohl einen Eingriff die Berufs­aus­übungs­freiheit der privat-gewerblichen Antragsteller darstellt. Die Antragsteller sind berechtigt, auf dem Gebiet der Jugendhilfe Leistungen anzubieten. Durch ihre Tätigkeit im Bereich der Hilfe zur Erziehung besteht eine Markt- und Konkur­renz­si­tuation zu der Tätigkeit der Träger der freien Jugendhilfe. Staatliche Maßnahmen, die - wie hier - diesen Wettbewerb verändern und zu einer schwerwiegenden Beein­träch­tigung der beruflichen Betäti­gungs­freiheit der Antragsteller führen, greifen daher in den Schutzbereich der durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufs­aus­übungs­freiheit ein. Als gewerblich tätige Einzelpersonen sind die Antragsteller auch nicht in der Lage gewesen, sich an dem vom Landkreis Lüneburg verfolgten Konzept einer sozia­l­räum­lichen Orientierung der ambulanten Erzie­hungs­hilfen zu beteiligen. Hinreichende gesetzliche Grundlagen für den Eingriff in die Berufs­aus­übungs­freiheit der Antragsteller sind nicht ersichtlich. Aber selbst wenn diese gegeben wären, würde der Eingriff unver­hält­nismäßig sein. Die Antragsteller würden derart schwerwiegend in ihrer Berufs­aus­übungs­freiheit betroffen werden, dass sie im Bereich des Landkreises und anderer öffentlicher Jugend­hil­fe­träger mit einem entsprechenden Planungskonzept faktisch ihren Beruf nicht mehr ausüben könnten.

Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17.03 2006

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