15.11.2024
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Dokument-Nr. 2290

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Urteil26.04.2006Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht4 LC 238/04
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil26.04.2006

Keine Leistungs­ver­ein­barung zwischen Diakonischen Heimen und dem nieder­säch­sischen Landessozialamt

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat über ein Berufungs­ver­fahren entschieden, in dem der Diakonische Heime in Kästorf e.V. als Einrich­tungs­träger und das Landesamt für Soziales, Jugend und Familie - Landessozialamt - als überörtlicher Träger der Sozialhilfe für das Land Niedersachsen darüber streiten, ob zwischen ihnen eine Leistungs­ver­ein­barung besteht bzw. der Beklagte zum Abschluss einer solchen Vereinbarung verpflichtet ist.

Der Kläger betreibt in Gifhorn stationäre und ambulante Einrichtungen im Bereich der Hilfe nach § 72 BSHG für Personen, bei denen besondere Lebens­ver­hältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, sowie in den Bereichen der Einglie­de­rungshilfe, der Hilfe zur Pflege, der Pflege­leis­tungen nach dem SGB XI und der Jugendhilfe.

Das entschie­de­ne­Ver­fahren betrifft die seit 1985 betriebene "Krankenstation Kästorf", in der 14 stationäre Plätze für Bewohner der stationären Einrichtungen des Klägers vorgehalten werden, die erkrankt sind und ärztlicher Behandlung, aber keiner stationären Kranken­h­aus­be­handlung bedürfen. Für diese Einrichtung sind zwischen den Beteiligten in der Vergangenheit bis 2001 auf der Grundlage landes­rah­men­ver­trag­licher Regelungen jeweils Entgelte vereinbart worden. Ab 2002 sind zwischen den Beteiligten keine Vereinbarungen mehr zustande gekommen. Der Kläger ist einem neuen Landes­rah­men­vertrag nicht beigetreten. Das Angebot des Klägers an den Beklagten, mit ihm eine neue Leistungs- und Vergü­tungs­ver­ein­barung abzuschließen, hat der Beklagte abgelehnt und vorsorglich etwaige bestehende Vereinbarungen zum 31. Dezember 2002 gekündigt.

Der Kläger hat zwei Klagen erhoben mit dem Ziel festzustellen, dass zwischen ihm und dem Beklagten für die "Krankenstation Kästorf" bereits eine Leistungs­ver­ein­barung besteht und dass diese Leistungs­ver­ein­barung nicht durch die Kündigung des Beklagten beendet worden ist. Hilfsweise hat er beantragt, den Beklagten zu verurteilen, sein Angebot zum Abschluss einer Leistungs­ver­ein­barung anzunehmen.

Das Verwal­tungs­gericht Hannover hat die Klagen abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass eine Leistungs­ver­ein­barung zwischen den Beteiligten mangels eines schriftlich abgeschlossenen Vertrages nicht vorliege. Zwar habe der Beklagte, solange das Verhältnis zu Einrich­tungs­trägern durch den Landes­rah­men­vertrag gestaltet worden sei, davon abgesehen, nach den Vorschriften der §§ 93 ff. BSHG über den Abschluss von Vereinbarungen zu verfahren. Daraus folge jedoch auch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben nicht, dass nunmehr von einem entgegen den Formvor­schriften des Gesetzes bestehenden öffentlich-rechtlichen Vertrag auszugehen sei. Ein Anspruch auf Annahme des Leistungs­an­gebotes des Klägers scheitere daran, dass der Beklagte zur Gewährung der angebotenen Leistungen nicht zuständig sei. Denn der Kläger erbringe in der Krankenstation keine Leistungen nach § 72 BSHG, für die der Beklagte zuständig sei, sondern Kranken­be­handlung und damit Leistungen nach dem SGB V, für welche die Krankenkassen zuständig seien.

Die hiergegen gerichteten Berufungen des Klägers hat das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht mit u.a. folgender Begründung zurückgewiesen:

Eine Leistungs­ver­ein­barung zwischen den Beteiligten besteht nicht, da ein schriftlicher Vertrag nicht abgeschlossen worden ist und damit das für öffentlich-rechtliche Verträge geltende Schrift­for­m­er­for­dernis nicht eingehalten worden ist. Die Berufung auf die Formnichtigkeit ist auch nicht ausnahmsweise nach Treu und Glauben ausgeschlossen. Ebenso wenig ist davon auszugehen, dass unmittelbar durch die Landes­rah­men­verträge, denen die Beteiligten beigetreten sind, eine Leistungs­ver­ein­barung zustande gekommen ist. Denn die Landes­rah­men­verträge liefern nur den Rahmen für noch abzuschließende einrich­tungs­be­zogene Vereinbarungen, können aber nach Funktion und Inhalt nicht die für die jeweilige Einrichtung erforderlichen Vereinbarungen ersetzen.

Der Kläger kann auch nicht beanspruchen, dass der Beklagte sein Angebot zum Abschluss einer Leistungs­ver­ein­barung annimmt. Ein Rechtsanspruch auf Abschluss von Vereinbarungen nach § 93 Abs. 2 BSHG besteht ohnehin nicht. Der Kläger hat aber auch keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte erneut über den Abschluss einer Leistungs­ver­ein­barung auf der Grundlage des Angebotes des Klägers entscheidet, da nicht ersichtlich ist, dass dem Beklagten bei der Ablehnung Ermessensfehler unterlaufen sind. Der Kläger kann nur verlangen, dass über sein Leistungs­angebot für die Zukunft entschieden wird; der Abschluss einer rückwirkenden Leistungs­ver­ein­barung kommt nicht in Betracht. Bei den von dem Kläger nach seinem Leistungs­angebot in der "Krankenstation Kästorf" angebotenen Leistungen handelt es sich nicht um Leistungen nach § 72 BSHG, sondern um Leistungen, die zum Leistungs­katalog der gesetzlichen Krankenkassen gehören. Da der Beklagte für diese Leistungen nicht zuständig ist, kann er darüber auch keine Leistungs­ver­ein­barung abschließen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des OVG Niedersachsen vom 26.04.2006

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