Den dagegen gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes hat das Verwaltungsgericht Lüneburg mit der Begründung abgelehnt, dass die auf § 15 Abs. 1 VersG gestützte Verbotsverfügung offensichtlich rechtmäßig ist und an ihrem Sofortvollzug ein besonderes öffentliches Interesse besteht.
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht - 11. Senat - hat die hiergegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 24. Januar 2006 zurückgewiesen. Das Versammlungsverbot ist nach den Gründen des Beschlusses gerechtfertigt, weil es zum Schutz elementarer Rechtsgüter angemessen ist und Auflagen zur Gefahrenabwehr nicht ausreichen. Es steht fest, dass die geplante Demonstration Teil einer Kampagne von rechtsextremistischen Kreisen, in denen der Antragsteller eine maßgebende Rolle spielt, gegen angebliche "Repression und Verfolgung" ist, zu der ganz wesentlich die Abschaffung des § 130 StGB gehört. Zumindest geht aus den einschlägigen Internetaufrufen zur Teilnahme an der Demonstration nicht hervor, dass der Protest sich lediglich gegen die Verschärfung dieser Vorschrift durch Einfügung des Abs. 4 mit Gesetz zur Änderung des Versammlungsgesetzes und des Strafgesetzbuches vom 24. März 2005 (BGBl I S. 969) richten soll. Die Forderung nach Straffreiheit der Volksverhetzung ist in besonderer Weise geeignet, den weit überwiegenden Teil der Bevölkerung in Deutschland zu provozieren.
Dass die Verfassungsmäßigkeit des § 130 Abs. 4 StGB noch nicht abschließend geklärt und wissenschaftlich umstritten ist, kann selbstverständlich im Rahmen einer Versammlung thematisiert werden. Im vorliegenden Fall darf aber nicht außer Acht bleiben, dass die geplante Demonstration - zeitgleich mit Protestmärschen in Dortmund und Karlsruhe - nur einen Tag nach dem Holocaust-Gedenktag stattfinden soll. Ein derartiger unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang legt aufgrund der besonderen Umstände des Falles die Vermutung nahe, dass der 28. Januar 2006 vom Antragsteller nur aus taktischem Kalkül gewählt worden ist, um einem für den 27. Januar 2006 drohenden Verbot zu entgehen. Wird die Forderung nach Straffreiheit der Volksverhetzung - wie hier - in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Holocaust-Gedenktag erhoben, so ist dies geeignet, nicht nur die Ehre der Opfer des Nationalsozialismus zu missachten, sondern das Anstandsgefühl der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu verletzen und damit den öffentlichen Frieden gravierend zu stören.
vgl. nachfolgend BVerfG, Beschl. v. 26.01.2006: Verfassungsgericht erlaubt rechtsextreme Demonstration in Lüneburg
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 24.01.2006
Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24.01.2006