21.11.2024
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Dokument-Nr. 1782

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Beschluss24.01.2006Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht11 ME 20/06
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss24.01.2006

Versammlung, die im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Holocaust-Gedenktag die Straffreiheit der Volksverhetzung fordert, kann verboten werdenVerbot recht­s­ex­tre­mis­tischer Demonstration in Lüneburg am 28. Januar 2006 ist rechtmäßig

Der Antragsteller, der als bundesweit agierender Rechtsextremist bekannt ist und zum neonazistischen Spektrum gehört, meldete für den 28. Januar 2006, den dem Holocaust-Gedenktag nachfolgenden Tag, einen Aufzug mit Kundgebung in Lüneburg an unter dem Thema "Keine Demon­s­tra­ti­o­ns­verbote - Meinungs­freiheit erkämpfen". Die geplante Versammlung wurde von der Stadt Lüneburg unter Anordnung der sofortigen Vollziehung verboten.

Den dagegen gerichteten Antrag auf Gewährung vorläufigen gerichtlichen Rechtsschutzes hat das Verwal­tungs­gericht Lüneburg mit der Begründung abgelehnt, dass die auf § 15 Abs. 1 VersG gestützte Verbots­ver­fügung offensichtlich rechtmäßig ist und an ihrem Sofortvollzug ein besonderes öffentliches Interesse besteht.

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht - 11. Senat - hat die hiergegen gerichtete Beschwerde mit Beschluss vom 24. Januar 2006 zurückgewiesen. Das Versamm­lungs­verbot ist nach den Gründen des Beschlusses gerechtfertigt, weil es zum Schutz elementarer Rechtsgüter angemessen ist und Auflagen zur Gefahrenabwehr nicht ausreichen. Es steht fest, dass die geplante Demonstration Teil einer Kampagne von recht­s­ex­tre­mis­tischen Kreisen, in denen der Antragsteller eine maßgebende Rolle spielt, gegen angebliche "Repression und Verfolgung" ist, zu der ganz wesentlich die Abschaffung des § 130 StGB gehört. Zumindest geht aus den einschlägigen Inter­ne­taufrufen zur Teilnahme an der Demonstration nicht hervor, dass der Protest sich lediglich gegen die Verschärfung dieser Vorschrift durch Einfügung des Abs. 4 mit Gesetz zur Änderung des Versamm­lungs­ge­setzes und des Straf­ge­setz­buches vom 24. März 2005 (BGBl I S. 969) richten soll. Die Forderung nach Straffreiheit der Volksverhetzung ist in besonderer Weise geeignet, den weit überwiegenden Teil der Bevölkerung in Deutschland zu provozieren.

Dass die Verfas­sungs­mä­ßigkeit des § 130 Abs. 4 StGB noch nicht abschließend geklärt und wissen­schaftlich umstritten ist, kann selbst­ver­ständlich im Rahmen einer Versammlung thematisiert werden. Im vorliegenden Fall darf aber nicht außer Acht bleiben, dass die geplante Demonstration - zeitgleich mit Protestmärschen in Dortmund und Karlsruhe - nur einen Tag nach dem Holocaust-Gedenktag stattfinden soll. Ein derartiger unmittelbarer zeitlicher Zusammenhang legt aufgrund der besonderen Umstände des Falles die Vermutung nahe, dass der 28. Januar 2006 vom Antragsteller nur aus taktischem Kalkül gewählt worden ist, um einem für den 27. Januar 2006 drohenden Verbot zu entgehen. Wird die Forderung nach Straffreiheit der Volksverhetzung - wie hier - in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Holocaust-Gedenktag erhoben, so ist dies geeignet, nicht nur die Ehre der Opfer des Natio­nal­so­zi­a­lismus zu missachten, sondern das Anstandsgefühl der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland zu verletzen und damit den öffentlichen Frieden gravierend zu stören.

vgl. nachfolgend BVerfG, Beschl. v. 26.01.2006: Verfas­sungs­gericht erlaubt rechtsextreme Demonstration in Lüneburg

Quelle: Pressemitteilung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 24.01.2006

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