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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil22.03.2006
Behörden dürfen Asylverfahren für Kinder von Amts wegen einleiten
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat entschieden, dass Ausländerbehörden auch für ausländische Kinder von abgelehnten Asylbewerbern, die vor dem In-Kraft-Treten des Zuwanderungsgesetzes zum 1. Januar 2005 im Bundesgebiet geboren wurden, durch eine Mitteilung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Asylverfahren einleiten können.
In der Rechtsprechung der erstinstanzlichen Verwaltungsgerichte haben sich zu dieser Frage bundesweit verschiedene Ansichten gebildet. Die fragliche Vorschrift des § 14 a AsylVfG wird nicht nur in der Rechtsprechung der einzelnen Verwaltungsgerichte unterschiedlich interpretiert; teilweise vertreten sogar die einzelnen Kammern eines Gerichts gegensätzliche Auffassungen. Auch in Niedersachsen sind die Rechtsauffassungen der einzelnen Verwaltungsgerichte nicht einheitlich.
Mit seiner Entscheidung hat das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht klargestellt, dass die Ausländerbehörden durch die Einleitung eines Asylverfahrens von Amts wegen für alle minderjährigen ausländischen Kinder abgelehnter Asylbewerber eine einheitliche Asylentscheidung für den gesamten Familienverband herbeiführen können und müssen. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 a AsylVfG ist es, zu verhindern, dass abgelehnte Asylbewerber eine drohende Abschiebung durch einen Asylantrag für ein erst im Bundesgebiet geborenes Kind verzögern oder unmöglich machen können. Dieses gesetzgeberische Ziel rechtfertigt eine Anwendbarkeit der Regelung auch auf vor ihrem In-Kraft-Treten im Bundesgebiet geborene ausländische Kinder. Deren Vertrauen darauf, zu einem ihnen genehmen Zeitpunkt ein Asylverfahren einleiten zu können, ist durch das Gesetz nicht geschützt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die anzuwendende Norm bestehen nicht; sie stellt insbesondere keine unzulässige Rückwirkung dar.
Die Entscheidung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts hat insoweit große praktische Bedeutung, als von den beim Bundesamt im Jahre 2005 bundesweit gestellten ca. 29.000 Asylerstanträgen allein 8.104 auf Grund einer Anzeige nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG durch die Ausländerbehörde eingeleitet wurden; der Anteil der hiervon auf Niedersachsen entfallenden Asylerstverfahren dürfte auf Grundlage einer Schätzung nach dem für Asylbewerber geltenden Verteilungsschlüssel bei ca. 750 Verwaltungsverfahren liegen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 27.03.2006
Quelle: Pressemitteilung des OVG Niedersachsen vom 24.03.2006
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