15.11.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.

Dokument-Nr. 2126

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Urteil22.03.2006Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht10 LB 7/06
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Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht Urteil22.03.2006

Behörden dürfen Asylverfahren für Kinder von Amts wegen einleiten

Das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht hat entschieden, dass Auslän­der­be­hörden auch für ausländische Kinder von abgelehnten Asylbewerbern, die vor dem In-Kraft-Treten des Zuwan­de­rungs­ge­setzes zum 1. Januar 2005 im Bundesgebiet geboren wurden, durch eine Mitteilung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Asylverfahren einleiten können.

In der Rechtsprechung der erstin­sta­nz­lichen Verwal­tungs­ge­richte haben sich zu dieser Frage bundesweit verschiedene Ansichten gebildet. Die fragliche Vorschrift des § 14 a AsylVfG wird nicht nur in der Rechtsprechung der einzelnen Verwal­tungs­ge­richte unterschiedlich interpretiert; teilweise vertreten sogar die einzelnen Kammern eines Gerichts gegensätzliche Auffassungen. Auch in Niedersachsen sind die Rechts­auf­fas­sungen der einzelnen Verwal­tungs­ge­richte nicht einheitlich.

Mit seiner Entscheidung hat das Nieder­säch­sische Oberver­wal­tungs­gericht klargestellt, dass die Auslän­der­be­hörden durch die Einleitung eines Asylverfahrens von Amts wegen für alle minderjährigen ausländischen Kinder abgelehnter Asylbewerber eine einheitliche Asylent­scheidung für den gesamten Familienverband herbeiführen können und müssen. Sinn und Zweck der Regelung des § 14 a AsylVfG ist es, zu verhindern, dass abgelehnte Asylbewerber eine drohende Abschiebung durch einen Asylantrag für ein erst im Bundesgebiet geborenes Kind verzögern oder unmöglich machen können. Dieses gesetz­ge­be­rische Ziel rechtfertigt eine Anwendbarkeit der Regelung auch auf vor ihrem In-Kraft-Treten im Bundesgebiet geborene ausländische Kinder. Deren Vertrauen darauf, zu einem ihnen genehmen Zeitpunkt ein Asylverfahren einleiten zu können, ist durch das Gesetz nicht geschützt. Verfas­sungs­rechtliche Bedenken gegen die anzuwendende Norm bestehen nicht; sie stellt insbesondere keine unzulässige Rückwirkung dar.

Die Entscheidung des Nieder­säch­sischen Oberver­wal­tungs­ge­richts hat insoweit große praktische Bedeutung, als von den beim Bundesamt im Jahre 2005 bundesweit gestellten ca. 29.000 Asyler­st­an­trägen allein 8.104 auf Grund einer Anzeige nach § 14 a Abs. 2 Satz 2 AsylVfG durch die Auslän­der­behörde eingeleitet wurden; der Anteil der hiervon auf Niedersachsen entfallenden Asylerst­ver­fahren dürfte auf Grundlage einer Schätzung nach dem für Asylbewerber geltenden Vertei­lungs­sch­lüssel bei ca. 750 Verwal­tungs­ver­fahren liegen.

Quelle: Pressemitteilung des OVG Niedersachsen vom 24.03.2006

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