18.10.2024
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Dokument-Nr. 3972

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Urteil15.03.2007Landesverfassungsgericht BrandenburgVfGBbg 42/06
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Landesverfassungsgericht Brandenburg Urteil15.03.2007

Datenschutz hat nicht immer Vorrang vor dem Akten­ein­sichtsrecht von Abgeordneten

Das Verfas­sungs­gericht des Landes Brandenburg hat das Urteil in dem das Recht auf Einsicht in Trennungs­geld­vorgänge und diesbezügliche Prüfvorgänge hoher Landes­be­diensteter betreffenden Organ­streit­ver­fahren verkündet. Die Anträge der Abgeordneten Vietze und Sarrach hatten überwiegend Erfolg.

Die Landtags­ab­ge­ordneten Vietze und Sarrach begehrten die verfas­sungs­ge­richtliche Feststellung, daß die Ablehnungen ihrer auf Einsicht in die entsprechenden Verwal­tungs­vorgänge gerichteten Anträge gegen Art. 56 Abs. 3 Satz 2 der Landes­ver­fassung (LV) verstoßen. Hintergrund hierfür war die Aufklärung der sog. „Trennungsgeld-Affäre“, in deren Zuge die Abgeordneten die Aufklä­rungs­arbeit der Landesregierung überprüfen wollten. Die Abgeordneten begehrten im März bzw. Mai 2005 Einsicht in Trennungs­geld­vor­­gänge und diesbezügliche Prüfvorgänge von Ministern und ehemaligen Ministern, von Staats­­­se­kre­tären und ehemaligen Staats­se­kretären, von Präsidenten und ehemaligen Präsidenten von Obergerichten, des General­staats­anwalts, der Staatsanwälte bei der General­staats­an­walt­schaft sowie von Abtei­lungs­leitern in der Minis­te­ri­a­l­ver­waltung. Der Vorsitzende des Gesamt­s­taats­an­waltsrates sowie der ehemalige Staatssekretär im Justiz­mi­nis­terium, die zuvor von der Landesregierung über die bevorstehende Akteneinsicht in Kenntnis gesetzt worden waren, beantragten sodann vor dem Verwal­tungs­gericht Potsdam erfolgreich die einstweilige Untersagung der Einsicht in den Teil ihrer Personalakten, der die Trennungs­geld­zah­lungen betrifft sowie im Verfahren des ehemaligen Staatssekretärs ergänzend die Untersagung der Einsicht in den maßgeblichen Prüfvorgang. Die Beschwerde gegen die verwal­tungs­ge­richt­lichen Beschlüsse vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg blieb ohne Erfolg. Unter Bezugnahme auf die Entscheidungen des Oberver­wal­tungs­ge­richts beschloß das Kabinett am 29. August 2006, den Abgeordneten „keine weitere Akteneinsicht nach Art. 56 Abs. 3 LV in die Prüfvorgänge herausgehobener Amtsträger des Landes“ zu gewähren; mithin weder in den Fällen, die Gegenstand der verwal­tungs­ge­richt­lichen Verfahren waren, noch in den übrigen Fällen.

Die Anträge im Organ­streit­ver­fahren hatten insoweit Erfolg, als die betroffenen Amtsträger gegen die beantragte Akteneinsicht nicht bereits um Rechtsschutz vor den Verwal­tungs­ge­richten nachgesucht haben. Denn insoweit waren die Anträge im Organ­streit­ver­fahren bereits unzulässig, da das Akten­ein­sichtsrecht eines Abgeordneten aus Art. 56 Abs. 3 Satz 2 LV weder die materielle Rechtskraft noch die Bindungswirkung der verwal­tungs­ge­richt­lichen Entscheidungen überwindet. Soweit das Landes­ver­fas­sungs­gericht in den übrigen Fällen eine Verletzung des Art. 56 Abs. 3 Satz 2 LV festgestellt hat, hat es allerdings offen gelassen, ob die Landesregierung die begehrte Akteneinsicht im Ergebnis hätte gewähren müssen. Das Gericht stellte fest, daß die durch den Beschluß des Kabinetts vom 29. August 2006 erfolgte Ablehnung der Anträge auf Akteneinsicht den Anforderungen, die von Verfassungs wegen an eine auf Art. 56 Abs. 4 LV gestützte Ablehnung zu stellen sind, nicht genügen. Die Landesregierung war gehalten, in jedem Einzelfall das Vorhandensein höchst­per­sön­licher Daten der durch die Akteneinsicht Betroffenen zu ermitteln, zu gewichten und schließlich - soweit erforderlich - deren Schutz vor der Einsichtnahme sicherzustellen. Sie durfte sich hingegen nicht - wie geschehen - unter Verweis auf den pauschalen Vorrang des Datenschutzes gegenüber dem Akten­ein­sichtsrecht der gebotenen Abwägung im Einzelfall entziehen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LVerfG Brandenburg vom 15.03.2007

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