18.10.2024
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Dokument-Nr. 28547

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Urteil23.01.2020Landessozialgericht Nordrhein-WestfalenL 19 AS 1492/18
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil23.01.2020

SGB II-Anspruch bei Beurlaubung im MaßregelvollzugVollzug­s­ein­richtung übernimmt während Dauer­be­ur­laubung nicht mehr Verantwortung für Lebensführung des Untergebrachten

Hält sich ein Antragsteller im Rahmen einer Dauer­be­ur­laubung aus dem Maßregelvollzug in einer eigenen Wohnung auf, unterfällt er nicht dem Leistungs­aus­schluss nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II. Dies entschied das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen.

Der Kläger des zugrunde liegenden Falls befand sich seit Ende 2015 im Maßregelvollzug. Mitte 2017 erhielt er die höchste Lockerungsstufe des achtstufigen Locke­rungs­konzepts, die u.a. die Möglichkeit einer Langzeit­be­ur­laubung in eine eigene Wohnung vorsah. Im März 2018 mietete er eine solche an und zog nach Beurlaubung in diese ein. Der Beklagte lehnte seinen Antrag auf Bewilligung von SGB II-Leistungen ab, da im Maßregelvollzug befindliche Personen vom Leistungsbezug ausgeschlossen seien. Das Sozialgericht Duisburg verurteilte ihn hingegen zur Leistungs­ge­währung.

LSG verneint Ausschluss von Grund­si­che­rungs­leis­tungen

Das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen wies die Berufung des Beklagten zurück. Ein Leistungs­be­geh­render, der sich im Rahmen einer Dauer­be­ur­laubung aus dem Maßregelvollzug in einer eigenen Wohnung aufhalte, sei nicht nach § 7 Abs. 4 S. 2 SGB II von Grund­si­che­rungs­leis­tungen ausgeschlossen. Denn mit dem Beginn dieser Form der Beurlaubung sei die Unterbringung im maßre­gel­voll­zugs­recht­lichen Sinne und damit ein Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheits­ent­ziehung beendet. Ein dem Maßregevollzug Unterworfener werde in diesem Moment aus der kontrol­lie­renden Aufsicht der Vollzugsanstalt befreit. Diese übe bei einem gewährten Probewohnen in einer eigenen Wohnung zwar noch eine mittelbare Kontrolle über die Lebensführung aus, jedoch entfalle die für den Vollzug typische Gestaltung und Kontrolle der äußeren Struktur des täglichen Lebens des Untergebrachten durch die Maßre­gel­voll­zug­s­ein­richtung vollständig. Die Vollzug­s­ein­richtung übernehme in diesem Fall nicht mehr die Verantwortung für die Lebensführung des Untergebrachten. Die in der individuellen Betreu­ungs­ver­ein­barung getroffenen Bestimmungen über die jederzeitige Erreichbarkeit usw. hätten zwar die Handlungs­fä­higkeit des Klägers eingeschränkt, jedoch seine tägliche Lebensführung nur mittelbar beeinflusst. Eine tägliche Kontrolle oder Beaufsichtigung sei nicht erfolgt.

Quelle: Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen/ra-online (pm/kg)

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