18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 7548

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Urteil27.02.2009Landessozialgericht Nordrhein-WestfalenL 13 EG 67/08
Vorinstanz:
  • Sozialgericht Aachen, Urteil14.10.2008, S 13 EG 14/08
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Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen Urteil27.02.2009

Höhere Anforderungen an Elterngeldbezug für humanitäre Flüchtlinge verfas­sungsgemäßKein Verstoß gegen den Gleich­heits­grundsatz

Der Gesetzgeber durfte den Eltern­geldan­spruch von Ausländern mit humanitären Aufent­halt­s­titeln wegen zielstaats­be­zogener Abschie­bungs­hin­dernisse in § 1 Abs. 7 Nr. 3 b Bundes­el­terngeld- und Eltern­zeit­gesetz (BEEG)an höhere Anforderungen knüpfen, als für Inhaber anderer Aufent­halt­stitel, ohne damit gegen das Grundgesetz zu verstoßen. Das hat jetzt das Landes­so­zi­al­gericht Nordrhein-Westfalen als erstes Landes­so­zi­al­gericht in Deutschland entschieden.

Nach Ansicht der Essener Richter stellt es keinen Gleich­heits­verstoß dar, dass das BEEG von Ausländern, die aufgrund zielstaats­be­zogener Abschie­bungs­hin­dernisse gemäß § 25 Abs. 3 in Verbindung mit § 60 Abs. 7 des Aufent­halts­ge­setzes in Deutschland bleiben dürfen, eine weitergehende Integration in den Arbeitsmarkt verlangt - durch aktuelle Erwer­b­s­tä­tigkeit, den Bezug von Arbeits­lo­sengeld oder die Inanspruchnahme von Elternzeit - als von nicht freizü­gig­keits­be­rech­tigten Ausländern mit anderen Aufenthalts-rechten, bei denen für den Eltern­geldan­spruch die bloße Berechtigung zur Erwer­b­s­tä­tigkeit ausreicht. Der Unterschied sei durch den unter­schied­lichen Aufent­halts­status der Betroffenen gerechtfertigt. Der Gesetzgeber habe entsprechend der Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts Elterngeld nur solchen Ausländern zubilligen wollen, von denen prognostisch ein Daueraufenthalt zu erwarten sei, der rechtlich durch den unbefristeten Aufent­halt­stitel der Niederlassungserlaubnis abgesichert werde. Eine solche Aufent­halts­ver­fes­tigung sei bei Ausländern mit stärkeren Aufent­halts­rechten wie ausländischen Ehegatten oder Eltern von Deutschen oder nach den Vorschriften des Grundgesetzes anerkannten Asylbe­rech­tigten eher zu erwarten als bei Inhabern von Titeln aufgrund eines oft nur zeitweise bestehenden zielstaats­be­zogenen Abschie­bungs­hin­der­nisses. Bei ihnen sei die aktuelle oder erst kurz zurückliegende Ausübung einer Erwer­b­s­tä­tigkeit ein geeignetes Indiz für eine gelingende Integration, an deren Ende prognostisch die Nieder­las­sungs­er­laubnis stehen könne. Unter Anderem die dafür erforderliche Sicherung des Lebens­un­terhalts sowie der Erwerb von fünf Jahren Pflicht- oder freiwilliger Beiträgen zur gesetzlichen Renten­ver­si­cherung setzten in der Regel die Ausübung einer Erwer­b­s­tä­tigkeit voraus.

Sachverhalt

Geklagt hatte eine ledige Mutter aus der Demokratischen Republik Kongo, die als 17jährige nach Deutschland gekommen war und jetzt in Eschweiler lebt. Nach Ablehnung ihres Asylantrags hatte das zuständige Verwal­tungs­gericht ihr ein zielstaats­be­zogenes Abschie­bungs­hin­dernis zugesprochen, weil es die alleinstehende Klägerin durch den harten wirtschaft­lichen Überlebenskampf im Kongo an Leib und Leben - insbesondere durch sexuelle Ausbeutung - bedroht sah. Den Antrag der Klägerin auf Elterngeld für ihre im März 2007 in Deutschland geborenen Zwillinge hatten die zuständige Behörde und das Sozialgericht Aachen unter Berufung auf das Fehlen der gesetzlichen Voraussetzungen abgelehnt, weil die Klägerin trotz Erlaubnis in Deutschland nie erwerbstätig gewesen ist. Wegen der Bedeutung des Falles hat das LSG die Revision zum Bundes­so­zi­al­gericht zugelassen, bei dem bereits drei Sprun­gre­vi­sionen zur Paral­lel­pro­blematik im auslaufenden Erzie­hungs­geldrecht anhängig sind.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LSG Nordrhein-Westfalen vom 02.03.2009

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