18.10.2024
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Sie sehen vier Hände, die ineinander greifen.

Dokument-Nr. 4356

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Beschluss21.02.2007Landessozialgericht Niedersachsen-BremenL 7 AS 22/07 ER
Vorinstanz:
  • Sozialgericht Hannover, Beschluss21.12.2006, S 21 AS 1932/06 ER
ergänzende Informationen

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Beschluss21.02.2007

Arbeits­lo­sengeld II: Behörde muss Mietschulden für zu teure Wohnung nicht übernehmenÜbernahme der Mietschulden wäre Aushöhlung des Grundsatzes, dass Kosten für unangemessene Wohnung nicht übernommen werden

Empfänger von Arbeits­lo­sengeld II können nicht erwarten, dass die zuständige Behörde Mietschulden übernimmt, die durch den Verbleib in einer nicht angemessenen Wohnung verursacht wurden, wenn sie zuvor auch noch zur Kostensenkung durch die Behörde aufgefordert worden sind. Das hat das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen entschieden.

Im Fall lebte eine Arbeits­lo­sengeld II-Empfängerin mit ihren zwei Kindern in einer 120 qm großen Wohnung für die sie monatlich 880,- EUR zzgl. Heizkosten zahlte. Das Jobcenter Hannover erstattete ihr einschließlich Nebenkosten nur 545,- EUR und forderte sie auf, die Unter­kunfts­kosten zu senken.

Mit der Zeit liefen 2.189,54 EUR Mietschulden auf. Das Sozialgericht Hannover verurteilte das Jobcenter, die Mietrückstände darlehensweise an die Vermieterin der Frau zu zahlen. Für die Übernahme der Mietrückstände komme es nicht darauf an, ob die Kosten der Unterkunft auch angemessen seien, führte das Sozialgericht Hannover aus. § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II wolle sicherstellen, dass die Kosten zur Sicherung der Unterkunft solange übernommen werden, bis ein Umzug in eine angemessene Wohnung möglich sei. Diese Entscheidung hob das Sozialgericht Niedersachsen-Bremen auf.

Die Übernahme von Mietrückständen sei gemäß § 22 Abs. 5 Satz 2 SGB II grundsätzlich nicht gerechtfertigt, um eine unangemessen teuere Unterkunft zu sichern, führte das Landes­so­zi­al­gericht aus. Es sei insbesondere nicht gerechtfertigt, Mietschulden zu übernehmen, die dadurch entstanden seien, dass der Hilfebedürftige trotz der Belehrung durch den Sozia­l­hil­fe­träger in einer Unterkunft geblieben sei, für die unangemessen hohe Mietauf­wen­dungen zu erbringen sind und die darauf zurückzuführen seien, dass der Bedürftige in der Vergangenheit die Differenz zwischen den tatsächlichen und den angemessenen Kosten nicht aus eigenen Mitteln aufbringen konnte. Eine Übernahme in diesen Fällen liefe auf eine Aushöhlung der Grundnorm des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II hinaus, wonach nur angemessene Kosten zu übernehmen seien, und würde letztendlich als Ergebnis haben, dass die (unangemessenen) tatsächlichen Unter­kunfts­kosten zu berücksichtigen wären.

Unein­sich­tigkeit und Untätigkeit eines Hilfeempfängers darf nicht belohnt werden

Sinn und Zweck des § 22 Abs. 5 SGB II sei es aber nicht, Unein­sich­tigkeit und Untätigkeit eines Hilfeempfängers in einer nicht Kosten angemessenen Unterkunft durch Übernahme der angelaufenen Mietrückstände nach Ablauf der sechsmonatigen Frist zu belohnen.

Die von der Frau genutzte Wohnung von 120 qm mit tatsächlichen Unter­kunfts­kosten von 880,-- Euro monatlich zuzüglich Heizkosten sei für die dreiköpfige Familie eindeutig nicht angemessen nach § 22 Abs. 1 SGB II. Die Mietobergrenze in Anlehnung an die rechte Spalte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz für einen 3-Personen-Haushalt in der Gemeinde C. (Mietstufe IV) betrage einschließlich Nebenkosten 470,-- Euro.

Die sei bereits im Jahre 2004 innerhalb ihres Sozia­l­hil­fe­bezuges auf die Unange­mes­senheit ihrer Wohnung und auf die einschlägigen Mietobergrenzen hingewiesen worden. Die entsprechenden Bewil­li­gungs­be­scheide habe sie bestandskräftig werden lassen. Gleichwohl habe sie keine Bemühungen unternommen, um günstigen Wohnraum zu finden. Ihr musste also klar sein, dass sie nicht allein durch Zeitablauf einen Anspruch auf Übernahme der entstandenen Mietzah­lungs­rück­stände erlangen könne mit der Begründung, jetzt müsse ihr aber die Wohnung erhalten werden. Jedenfalls sei es nicht zu beanstanden, wenn der Antragsgegner dieses Verhalten der Antragstellerin in der Vergangenheit im Rahmen der Ausübung seines pflichtgemäßen Ermessens zu ihren Lasten berücksichtige.

Quelle: ra-online

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