18.10.2024
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Dokument-Nr. 31353

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Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen Urteil18.01.2022

Göttinger "Trans­plan­tations­skandal": Leistungen müssen vergütet werdenUnzutreffende Angaben gegenüber Eurotransplant lassen Vergü­tungs­an­spruch nicht entfallen

Das Landes­so­zi­al­gericht Niedersachsen-Bremen (LSG) hat entschieden, dass medizinisch notwendige Leistungen auch dann vergütet werden müssen, wenn falsche Daten an die Vergabestelle für Organ­trans­plan­ta­tionen (Eurotransplant) übermittelt wurden.

Geklagt hatte eine gesetzliche Krankenkasse, die vom Göttinger Univer­si­täts­klinikum rd. 157.000 € für zwei Leber­trans­plan­ta­tionen zurückforderte. Sie begründete ihre Rückforderung mit formellen Verstößen gegen das Trans­plan­ta­ti­o­ns­gesetz (TPG). Der behandelnde Arzt hätte durch bewusste Falschangaben zu Dialy­se­be­hand­lungen eine noch höhere Dringlichkeit der Transplantation suggeriert und dafür gesorgt, dass die Patienten auf der Warteliste vorgerückt seien. Eine streng formale Betrach­tungsweise lasse den Vergü­tungs­an­spruch entfallen, da die Leistungen rechtswidrig zustande gekommen seien.

Klinikum beruft sich auf fehlende Kenntnis von Fehlverhalten

Dem hielt das Klinikum entgegen, dass die Trans­plan­ta­tionen medizinisch notwendig waren und fachgerecht ausgeführt wurden. Die Patienten hätten ohnehin weit oben auf der Warteliste gestanden und kurzfristig ein Organangebot erhalten. Beide Patienten seien durch die trans­plan­tierten Lebern gerettet worden. Außerdem habe das Klinikum damals keine Kenntnis von dem Fehlverhalten des Arztes gehabt; es finde keine Wissens­zu­rechnung statt.

LSG: Verstoß gegen die Meldepflichten lassen Vergü­tungs­an­spruch nicht entfallen

Anders als die erste Instanz hat das LSG die Rechts­auf­fassung des Klinikums bestätigt. Die medizinische Indikation zur Transplantation sowie die Durchführung der Eingriffe nach den Regeln der ärztlichen Kunst seien gegeben. Unzutreffende Angaben gegenüber Eurotransplant ließen den Vergü­tungs­an­spruch nicht entfallen. Ein Verstoß gegen die Meldepflichten habe keinen Einfluss auf die Eignung der Transplantation. Ziel des TPG sei die bessere Organisation von Organspenden und die Sicherstellung von Vertei­lungs­ge­rech­tigkeit. Schutzzweck sei nicht die Quali­täts­si­cherung der einzelnen Transplantation als solcher. Falschmeldungen mögen moralisch falsch sein. Dieses Verhalten durch Rückforderungen zu "ahnden" und damit einem Gerech­tig­keits­emp­finden Genüge zu tun, sei jedoch nicht die Aufgabe der Krankenkasse. Der Senat hat die Revision zum Bundes­so­zi­al­gericht zugelassen.

Quelle: Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, ra-online (pm/ab)

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