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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil05.04.2022
Zirkus in der Schule: Jobcenter muss für Teilnahme nicht zahlenAuf dem Schulgelände stattfindende Veranstaltungen stellen keinen Schulausflug im Sinne des Gesetzes dar
Der 3. Senat des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg hat entschieden, dass eine Schülerin gegenüber dem Jobcenter keinen Anspruch auf Übernahme von Kosten hat, die ihr für die Teilnahme an einem auf dem Schulgelände durchgeführten Zirkusprojekt entstehen.
Die 7-jährige Schülerin, die eine Grundschule im Landkreis Oberspreewald-Lausitz besuchte, erhielt gemeinsam mit ihrer alleinerziehenden Mutter Leistungen des Jobcenters. Im Rahmen ihres Schulunterrichts fand ein einwöchiges Zirkusprojekt statt, für das jeder Teilnehmende einen Beitrag von 10 Euro zu entrichten hatte. Veranstaltungsort waren der Sportplatz der Schule und ein auf dem Schulgelände aufgebautes Zirkuszelt. Die Schülerin stellte über ihre Schulleitung einen Antrag auf Kostenübernahme beim Jobcenter, den dieses ablehnte. Bei dem auf dem Schulgelände stattfindenden Zirkusprojekt handele sich nicht um einen Schulausflug, für den eine Kostenübernahme grundsätzlich in Betracht komme, sondern um eine rein schulische Veranstaltung.
Grundsätzliche Bedeutung der Klärung
Das Sozialgericht Cottbus hatte der Schülerin mit Urteil vom 28. November 2019 Recht gegeben. Das Zirkusprojekt sei, auch wenn es auf dem Schulgelände selbst durchgeführt werde, seiner Zielrichtung nach einem Schulausflug gleichzustellen. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hatte das Sozialgericht Cottbus die Berufung zum Landessozialgericht zugelassen.
Eindeutiger Wortlaut steht Anwendung entgegen - Regelbedarf ausreichend
Der 3. Senat des Landessozialgerichts gab nunmehr dem Jobcenter Recht. Er hat entschieden, dass bei Hartz IV-Leistungsbeziehern ausweislich des eindeutigen Gesetzeswortlautes nur Schulausflüge und mehrtägige Klassenfahrten gesondert als Kosten übernommen werden könnten. Auf dem Schulgelände selbst stattfindende Veranstaltungen würden durch den Wortlaut des Gesetzes indes nicht erfasst. Dies ergebe sich so bereits aus der Gesetzesbegründung. Zwar solle durch das Zirkusprojekt ebenso wie bei Schulausflügen eine stärkere Integration bedürftiger Kinder und Jugendlicher in die Gemeinschaft erreicht und einem gesellschaftlichen Ausschluss entgegengewirkt werden. Eintrittsgelder und Nutzungsentgelte für den Besuch von Freizeit-, Sport- und Kulturveranstaltungen seien jedoch bereits in hinreichendem Umfang im Regelbedarf enthalten, den die Schülerin als Hartz IV-Leistungsbezieherin in pauschalierter Form monatlich erhält. Von Härtefällen abgesehen bestehe keine Verpflichtung des Gesetzgebers, jeglichen mit dem Schulbesuch einhergehenden Bedarf durch Sonderzahlungen abzudecken. Der hier anfallende Beitrag von einmalig 10 Euro könne aus dem Regelbedarf bestritten werden.
Das Urteil, das im Einverständnis mit den Beteiligten ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren erging, ist noch nicht rechtskräftig. Es kann von der Klägerin mit der Revision zum Bundessozialgericht angefochten werden. Der Senat hat die Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache zugelassen.
Die streitentscheidende Rechtsvorschrift ist § 28 Abs. 2 Satz 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II):
Bei Schülerinnen und Schülern werden die tatsächlichen Aufwendungen anerkannt für
1. Schulausflüge und
2. mehrtägige Klassenfahrten im Rahmen der schulrechtlichen Bestimmungen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.04.2022
Quelle: ra-online (pm/cc)
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