23.11.2024
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Dokument-Nr. 9307

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Urteil21.02.2010Landessozialgericht Berlin-BrandenburgL 2 U 294/08
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Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Urteil21.02.2010

LSG Berlin-Brandenburg: Ehemaligem Chemiekombinat-Angestellten aus Bitterfeld steht Verletztenrente zuVorliegen einer Berufskrankheit auch nach Berück­sich­tigung von Stasi-Unterlagen belegbar

Einem ehemaligen Angestellten des Chemiekombinats in Bitterfeld steht eine Verletztenrente aus der Gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung zu, da auch vorhandene und berücksichtigte Stasi-Unterlagen die erhebliche Gefährdung durch Chlor im Chemiekombinat Bitterfeld belegen. Dies geht aus einem Urteil des Landes­so­zi­al­ge­richts Berlin-Brandenburg hervor.

Im zugrunde liegenden Fall stritten der Kläger bzw. nach dessen Tod seine Erben um die Zahlung einer Verletztenrente aus der Gesetzlichen Unfallversicherung. Der im Jahre 1932 geborene M. war seit 1950 im VEB Chemiekombinat Bitterfeld als Arbeiter, Brigadier, Kader­in­strukteur und später als Meister in den Abteilungen Chlorbarium, Chlor I und Chlor III beschäftigt gewesen. Während seiner Berufstätigkeit war er u.a. dem Kontakt mit Chlor und Quecksilber ausgesetzt und litt seit 1964 unter chronischer Bronchitis. Seit 1981 bezog M. eine Invalidenrente. Er litt unter gravierenden Beein­träch­ti­gungen von Lunge und Herz, was er u.a. auf Störungen im Betriebsablauf und Chloraustritte zurückführte, bei denen die sonst üblichen Raumluftwerte um ein Vielfaches überschritten worden seien.

Berufs­ge­nos­sen­schaft lehnt Anerkennung einer Berufskrankheit ab

Die beklagte Berufs­ge­nos­sen­schaft Rohstoffe und chemische Industrie in Halle lehnte es ab, das Leiden des M. als Berufskrankheit anzuerkennen und führte es wesentlich auf dessen langjährigen erheblichen Zigaret­ten­konsum zurück; zudem hätten die vorliegenden Messprotokolle über die Chlor­ga­s­ex­po­sition keine Überschreitung von Grenzwerten gezeigt.

Leiden des Klägers durch Stasi-Akten als Langzeitwirkung einer erhöhten Chlorexposition anzusehen

Das SG Frankfurt (Oder) und im Folgenden das Landes­so­zi­al­gericht Berlin-Brandenburg schlossen sich dieser Sichtweise nach umfangreicher Beweiserhebung nicht an, sondern bewertete die Leiden des M. als Berufskrankheit. Gewürdigt wurde dabei u.a. Material, das die Bundes­be­auf­tragte für die Unterlagen des Staats­si­cher­heits­dienstes der ehemaligen DDR vorgelegt hatte. Diesen teilweise als "streng geheim" klassifizierten Unterlagen lasse sich anschaulich entnehmen, welche erhebliche Gefährdung durch Chlor im Chemiekombinat Bitterfeld bestanden hat. Belegt sei ein desaströser Zustand der Produk­ti­o­ns­anlagen. Alles spreche dafür, dass auch M. Grenz­wert­über­schrei­tungen und Havari­e­si­tua­tionen ausgesetzt gewesen ist; seine Leiden seien damit maßgeblich als Langzeitwirkung einer erhöhten Chlorexposition anzusehen.

Quelle: ra-online, LSG Berlin-Brandenburg

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