Im zugrunde liegenden Fall stellte eine Frau einen so genannten Weiterbewilligungsantrag für Arbeitslosengeld II. Sie hatte in der Vergangenheit bereits Leistungen erhalten. Nunmehr sollte sie u. a. einen Kontoauszug für die letzten drei Monate einreichen. Dieser Aufforderung kam sie zunächst nicht nach, weil sie meinte, die Verpflichtung zur Herausgabe der Kontoauszuge verletze sie in ihrem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.
Vor dem Sozialgericht Heilbronn wollte sie im Rahmen einer einstweiligen Anorderung erreichen, dass ihr das Arbeitslosengeld II auch ohne die Kontoauszüge vorläufig bewilligt werde. Statt dessen machte das Sozialgericht Heilbronn in einem Hinweisschreiben darauf aufmerksam, dass die Kontoauszüge eingereicht werden müssten. Darauf hin gab sie die Kontoauszüge heraus. Allerdings war der Text zu den Ausgabenbuchungen geschwärzt worden. Lediglich der Zahlbetrag der getätigten Ausgaben war erkennbar. Das Sozialgericht Heilbronn entschied darauf hin, dass die Frau zu den getätigten Schwärzungen berechtigt sei und verpflichtete die Bundesagentur für Arbeit vorläufig Arbeitslosengeld II Leistungen zu gewähren.
Diese Entscheidung wurde vom Landessozialgericht Baden-Württemberg kassiert. Es sei nicht zulässig, einzelne Angaben unter Berufung auf den Datenschutz zu schwärzen.
Das Gericht führte aus, dass die von der Bundesagentur angeforderten Kontoauszüge, auf denen auch der Text einer Ausgabenbuchung lesbar ist, Sozialdaten iSd. § 67 Abs. 1 S. 1 SGB X enthalten, die von der Antragsgegnerin als dem zuständigen Leistungsträger nach § 35 Abs. 2 SGB I nur unter den Voraussetzungen der §§ 67 ff SGB X erhoben, verarbeitet und genutzt werden dürften.
Die Richter waren der Auffassung, dass die Vorlage vollständig lesbarer Kontoauszüge erforderlich und geeignet sei, um die Hilfebedürftigkeit der Antragstellerin iSd § 9 SGB II feststellen zu können. Die Berechtigung zur Erhebung (§ 67 Abs. 5 SGB X) dieser Daten ergebe sich damit aus § 67 a Abs. 1 SGB X. Die Zulässigkeit der Verarbeitung (§ 67 Abs. 6 SGB X) und Nutzung (§ 67 Abs. 7 SGB X) dieser Daten folge aus § 67 b Abs. 1 S. 1 iVm § 67 c Abs. 1 S. 1 SGB X.
Das Lesen der geschwärzten Buchungstexte sei entgegen der Ansicht des Sozialgerichts Heilbronn nicht nur dann erforderlich im Sinne der genannten Vorschriften, wenn der Verdacht bestehe, dass der Betroffene falsche Angaben gemacht habe.
Es verstoße weder gegen das informationelle Selbstbestimmungsrecht noch gegen andere Grundrechte des Betroffenen, wenn der Staat nur solchen Personen steuerfinanzierte Leistungen gewähren will, die auch wirklich bedürftig seien, und er deshalb dem Leistungsträger das Recht einräume diejenigen Daten zu erheben, die Aufschluss darüber geben können, ob z. B. Hilfebedürftigkeit tatsächlich vorliegt. Die in Kontoauszügen enthaltenen Angaben über ein- und ausgehende Zahlungen seien im besonderen Maße geeignet, Aufschluss über die finanziellen Verhältnisse des Betroffenen zu geben. Auch der Text zu Ausgabenbuchungen könne in mehrfacher Hinsicht Angaben enthalten, die für die Beantwortung der Frage, ob tatsächlich Hilfebedürftigkeit gegeben sei, aufschlussreich seien.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.01.2008
Quelle: ra-online