21.11.2024
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Dokument-Nr. 33887

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Urteil22.02.2024Landessozialgericht Baden-WürttembergL 10 U 3232/21
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Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil22.02.2024

Vom versicherten Arbeitsweg zum unversicherten AbwegKein Wegeunfall in entge­gen­ge­setzter Richtung zur Arbeit

Der Weg von der Schul­weg­be­gleitung eines Kindes zurück zum Arbeitsweg ist nicht gesetzlich unfall­ver­sichert, wenn es sich um einen nicht aufgrund der Arbeit­s­tä­tigkeit erforderlichen Umweg handelt. Dies hat das Landes­so­zi­al­gericht Baden-Württemberg entschieden.

Eine Mutter begleitete vor Beginn ihrer Arbeit ihre Tochter aus Sicher­heits­gründen zu einem Sammelpunkt. Von dem aus begab sich das Kind mit einer Gruppe von Mitschülerinnen und Mitschülern auf den restlichen Weg zur Grundschule. Dieser Sammelpunkt lag in entge­gen­ge­setzter Richtung zur Arbeitsstätte der Frau. Noch bevor sie den direkten Weg zwischen ihrer Wohnung und ihrem Arbeitsplatz erreicht hatte, erlitt sie beim Überqueren einer Straße einen schweren Unfall. Wegen dessen Folgen beanspruchte sie Leistungen der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Dieser Sammelpunkt lag, von der Wohnung der Klägerin aus gesehen, in entge­gen­ge­setzter Richtung zu ihrer Arbeitsstätte. Auf dem Weg von dem Sammelpunkt zur ihrer Arbeit, aber noch vor Erreichen des Wegstücks von ihrer Wohnung zur Arbeit, wurde die Klägerin – als sie trotz einer roten Fußgängerampel eine Straße überquerte – von einem PKW erfasst. Sie erlitt unter anderem eine Gehir­n­er­schüt­terung und verschiedene Knochenbrüche. Nachdem die zuständige gesetzliche Unfall­ver­si­cherung die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ablehnte, bekam die Klägerin vor dem Sozialgericht Stuttgart zunächst recht. Sie hatte insbesondere geltend gemacht, dass die Begleitung ihrer Tochter aus Sicher­heits­gründen erforderlich gewesen sei.

Eigen­wirt­schaftliche Gründe sind nicht gesetzlich unfall­ver­sichert

Auf die Berufung des Unfall­ver­si­che­rungs­trägers hat das LSG Baden-Württemberg die erstin­sta­nzliche Entscheidung aufgehoben und die Klage abgewiesen. Ein Arbeitsunfall setze, wie der zuständige Senat klargestellt hat, u.a. voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen sei. Die Klägerin habe sich zwar im Unfallzeitpunkt objektiv auf dem Weg zu ihrer Arbeitsstätte befunden. Dies sei freilich nicht hinreichend, denn das Überqueren der Straße am Unfallort zum Unfallzeitpunkt sei nicht auf dem direkten Weg zum Ort der versicherten Tätigkeit erfolgt, so dass der erforderliche sachliche Zusammenhang mit der Betrie­b­s­tä­tigkeit fehle. Bewege sich der Versicherte – wie vorliegend die Klägerin – nicht auf einem direkten Weg in Richtung seines Ziels, sondern in entge­gen­ge­setzter Richtung von diesem fort, handele es sich eben nicht um einen bloßen Umweg, sondern um einen Abweg. Werde der direkte Weg mehr als geringfügig unterbrochen und ein solcher Abweg allein aus eigen­wirt­schaft­lichen, also nicht betrieblichen Gründen – ebenfalls wie vorliegend – zurückgelegt, bestehe kein Versi­che­rungs­schutz in der gesetzlichen Unfall­ver­si­cherung. Die Klägerin habe auch bis zum Eintritt des Unfal­le­r­eig­nisses die unmittelbare Wegstrecke zwischen ihrer Wohnung und der Arbeitsstätte noch nicht wieder erreicht. Der Wegeun­fa­ll­ver­si­che­rungs­schutz sei damit zum Unfallzeitpunkt noch nicht erneut begründet worden. Es liege auch kein ausnahmsweise versicherter Abweg vor. Die Klägerin habe ihre Tochter nicht – wie für den gesetzlichen Unfallversicherungsschutz insoweit erforderlich – zum Sammelpunkt begleitet, um ihrer Beschäftigung nachzugehen, sondern allein und ausschließlich aus allgemeinen Sicher­heits­er­wä­gungen zum Schutz der Tochter. Damit fehle vorliegend jeglicher sachlich-inhaltlich kausaler Zusammenhang zwischen der Beschäftigung der Klägerin und dem Begleiten der Tochter. Denn erfasst würden keine Fälle, in denen das Kind unabhängig davon in fremde Obhut verbracht werde, ob der Versicherte seine Beschäftigung alsbald aufnehmen wolle. Schließlich stelle auch die Begleitung der Tochter zu einem Sammelpunkt der Kinder-„Laufgruppe“, von wo aus die Grund­schul­kinder gemeinsam den Schulweg beschritten, schon kein „Anvertrauen in fremde Obhut“ im Sinne des Gesetzes dar.

Quelle: Landessozialgericht Baden-Württemberg, ra-online (pm/ab)

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