21.11.2024
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Dokument-Nr. 15939

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Urteil19.12.2012Landgericht Stuttgart13 S 131/12
Vorinstanz:
  • Amtsgericht Ludwigsburg, Urteil15.06.2012, 10 C 1066/12
ergänzende Informationen

Landgericht Stuttgart Urteil19.12.2012

Privatpatienten haben keinen Anspruch auf Koste­n­er­stattung einer prädiktiven GendiagnostikGentest dient weder Heilbehandlung noch stellt er eine Vorsorge­untersuchung dar

Unterzieht sich ein Privatpatient aufgrund der Sorge eines erhöhten Risikos zur Krebserkrankung einem Gentest, so kann er die Kosten dafür nicht von seiner Versicherung erstattet verlangen. Denn weder dient der Gentest einer Heilbehandlung noch stellt er eine Vorsorge­untersuchung im Sinne des § 192 Abs. 1 VVG dar. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Stuttgart hervor.

In dem zugrunde liegenden Fall war eine Privatpatientin aufgrund von früheren Erkrankungen von Familien­an­ge­hörigen besorgt, dass bei ihr das genetische Risiko einer Krebserkrankung erhöht ist. Sie unterzog sich daher einem Gentest (sog. prädiktiven Gendiagnostik). Anhaltspunkte für eine Krebserkrankung bestanden jedoch nicht. Die Kosten für den Gentest verlangte sie von ihrer Versicherung erstattet. Diese weigerte sich jedoch, so dass die Privatpatientin Klage erhob. Das Amtsgericht Ludwigsburg wies die Klage ab. Dagegen richtete sich ihre Berufung.

Anspruch auf Koste­n­er­stattung bestand nicht

Das Landgericht Stuttgart entschied gegen die Privatpatientin. Ihr habe kein Anspruch auf Erstattung der Kosten des Gentest zugestanden. Denn weder habe eine Heilbehandlung noch eine Vorsor­ge­un­ter­suchung im Sinne des § 192 VVG vorgelegen.

Heilbehandlung lag nicht vor

Die Gendiagnostik habe keine medizinisch notwendige Heilbehandlung dargestellt, so das Landgericht weiter. Denn eine Heilbehandlung setze zum einen das Vorliegen einer Erkrankung voraus. Die Versicherte sei jedoch nicht krank gewesen. Einer Heilbehandlung habe es daher nicht bedurft. Zudem werde die Gendiagnostik angewendet, wenn eine Erkrankung noch nicht vorliegt. Sie diene nämlich der Einschätzung eines erhöhten Risikos zu einer Erkrankung.

Gendiagnostik stellte keine Vorsor­ge­un­ter­suchung dar

Nach Ansicht des Gerichts habe die Gendiagnostik auch keine Vorsor­ge­un­ter­suchung dargestellt, da sie nicht zu den gesetzlich eingeführten Programmen der Früherkennung von Krankheiten gehöre. Dies entspreche auch dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Erstat­tungsfähig sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nur die krank­heits­u­n­ab­hängigen Kosten sein, die der Früherkennung einer Erkrankung und der Verhinderung des Fortschreitens dienen. Diesem Zweck komme die Gendiagnostik nicht ohne Weiteres nach. Denn solange die Erkenntnis eines erhöhten Erkran­kungs­risikos nicht in eine medizinische Diagnose und Behandlung mündet, dient sie weder der Genesung noch der Gesunderhaltung des Versicherten. Sie schone damit nicht, anders als die Vorsorgeuntersuchungen, die Ressourcen der Versicherung.

Gendiagnostik ohne Erkennbaren medizinischen Nutzen

Die Gendiagnostik habe nach Auffassung des Gerichts keinen medizinisch erkennbaren Nutzen für die Untersuchten. Denn werde eine genetische Risikoerhöhung festgestellt, mag das zwar den Betroffenen beruhigen. Er werde aber nicht davon befreit, weiterhin regelmäßig Vorsor­ge­un­ter­su­chungen vorzunehmen, da der Gentest weder eine Erkrankung ausschließt noch das Risiko einer Erkrankung vermindert. Demgegenüber belaste zwar ein positiver Befund den Untersuchten regelmäßig erheblich, ein therapeutischer Weg zur Vermeidung der Erkrankung ergebe sich daraus aber nicht zwingend. Daher müsse auch in diesem Fall der Versicherte zwecks Früherkennung regelmäßig zur Vorsor­ge­un­ter­suchung gehen. Zwar gebe es Fälle, in denen die Gendiagnostik ein Behand­lungs­ansatz bietet, etwa durch Entfernung eines risiko­be­hafteten Organs oder bei der Entscheidung für eine Schwangerschaft. Ob dies aber die Erstattung der Kosten durch die Versicherung nach sich zieht, müsse durch den Gesetzgeber beantwortet werden und könne von den Gerichten auch angesichts der ethischen Problematik nicht für jeden Einzelfall entschieden werden.

Quelle: Landgericht Stuttgart, ra-online (vt/rb)

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