21.11.2024
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Dokument-Nr. 18221

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Urteil14.02.2014Landgericht Saarbrücken13 S 4/14
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • NJW 2014, 1395Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 2014, Seite: 1395
  • ZD 2014, 423Zeitschrift für Datenschutz (ZD), Jahrgang: 2014, Seite: 423
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ergänzende Informationen

Landgericht Saarbrücken Urteil14.02.2014

Virtuelles Kondolenzbuch: Witwe kann grundsätzlich nicht Löschung einer virtuellen Todesanzeige beanspruchenEhrverletzende Äußerung über Witwe innerhalb der Kondo­lenz­funktion der Anzeige begründet Löschungs­an­spruch

Eine virtuelle Todesanzeige ist jedenfalls dann zulässig, wenn sie wertneutral ist. Daran ändert auch eine vorhandene Kondo­lenz­funktion zur Anzeige nichts. Ein Anspruch auf Löschung der Anzeige besteht daher nicht. Kommt es hingegen zu ehrverletzenden Äußerungen über Hinterbliebene kann ein Löschungs­an­spruch bezüglich des Kommentars bestehen. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Saarbrücken hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Auf einer Internetseite wurde eine virtuelle Todesanzeige über einen im November 2011 verstorbenen Mann veröffentlicht. Diese Anzeige enthielt den Vor- und Nachnamen, das Geburts- und Sterbedatum, den Wohnort, die Berufs­be­zeichnung sowie die letzte Ruhestätte. Zudem bestand die Möglichkeit über eine Kondo­lenz­funktion Kommentare zu schreiben. Diese Funktion nutzte eine Frau dadurch aus, dass sie Traue­r­be­kun­dungen veröffentlichte, aus denen hervorging, dass sie die Geliebte des Verstorbenen gewesen sei bzw. mit ihm eine Liebesbeziehung unterhalten habe. Nachdem die Witwe von den Einträgen Kenntnis erlangte, verlangte sie vom Betreiber der Internetseite sowohl die Löschung der ehrverletzenden Kommentare sowie der Todesanzeige. Da sich der Betreiber weigerte, erhob die Witwe Klage.

Kein Anspruch auf Löschung der virtuellen Todesanzeige

Das Landgericht Saarbrücken verneinte einen Anspruch der Witwe auf Löschung der virtuellen Todesanzeige. Weder sei die Anzeige nach dem Bundes­da­ten­schutz­gesetz unzulässig gewesen, noch habe die Anzeige das Persön­lich­keitsrecht der Witwe verletzt. Daher habe sich der Löschungs­an­spruch weder aus § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BDSG noch aus § 1004 BGB ergeben. Auch das Toten­für­sor­gerecht habe kein Löschungs­an­spruch begründet.

Zulässigkeit der virtuellen Todesanzeige nach Bundes­da­ten­schutz­gesetz

Die virtuelle Todesanzeige sei nach Auffassung des Landgerichts nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 BDSG zulässig gewesen. Denn zum einen habe sich der Betreiber der Internetseite aus allgemein zugänglichen Quellen, wie etwa den Sterbeanzeigen, bedient. Zum anderen sei auch nicht das postmortale Persön­lich­keitsrecht des Verstorbenen verletzt worden.

Postmortales Persön­lich­keitsrecht des Verstorbenen wurde nicht verletzt

Die virtuelle Todesanzeige habe das postmortale Persön­lich­keitsrecht des Verstorbenen nicht verletzt, so das Landgericht, da es sich bei den veröf­fent­lichten Informationen um wertneutrale Daten gehandelt habe. Weder sei der Achtungs­an­spruch noch der Geltungswert beeinträchtigt worden. Dies gelte selbst unter Berück­sich­tigung dessen, dass die im Internet veröf­fent­lichten Daten einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurden und dauerhaft verfügbar waren. Etwas anderes habe sich auch nicht aus der Kondo­lenz­funktion ergeben. Allein die Möglichkeit einer missbräuch­lichen Verwendung der Funktion begründe für sich genommen noch keine Verletzung des postmortalen Persön­lich­keits­rechts.

Keine Verletzung des Persön­lich­keits­rechts der Witwe durch virtuelle Todesanzeige

Der Löschungs­an­spruch habe nach Ansicht des Landgerichts auch nicht nach § 1004 BGB bestanden. Denn die Witwe sei durch die virtuelle Todesanzeige nicht in einer ihrer Rechte verletzt worden.

Recht zur Totenfürsorge begründete ebenfalls kein Löschungs­an­spruch

Darüber hinaus führte das Landgericht aus, dass sich der Löschungs­an­spruch auch nicht aus dem Recht der Totenfürsorge ergeben hat. Denn dieses Recht umfasse nur die Bestimmung über den Leichnam sowie die Entscheidung über die Art und den Ort der Bestattung. Darum sei es aber bei der virtuellen Todesanzeige nicht gegangen. Diese habe vielmehr zum Gedenken und zur Trauerbekundung angeregt. Dies erfasse das Toten­für­sor­gerecht aber nicht.

Anspruch auf Löschung der Kondo­len­zeinträge bestand

Das Landgericht bejahte hingegen einen Anspruch auf Löschung der Kondo­len­zeinträge nach § 1004 BGB. Denn durch diese sei der Eindruck entstanden der Verstorbene habe eine außereheliche Beziehung unterhalten. Die damit einhergehende Persön­lich­keits­ver­letzung habe die Witwe nicht hinnehmen müssen.

Quelle: Landgericht Saarbrücken, ra-online (vt/rb)

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