18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 6312

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Urteil12.10.1989Landgericht Paderborn1 S 197/89
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • JurBüro 1990, 587Zeitschrift: Das juristische Büro (JurBüro), Jahrgang: 1990, Seite: 587
  • NJW 1990, 260Zeitschrift: Neue Juristische Wochenschrift (NJW), Jahrgang: 1990, Seite: 260
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Vorinstanz:
  • Amtsgericht Brake, Urteil14.06.1989, 7 C 160/89
ergänzende Informationen

Landgericht Paderborn Urteil12.10.1989

Ehemann verprügelte dreisten Liebhaber seiner Frau: Liebhaber hat keinen Anspruch auf SchmerzensgeldLiebhaber hat den Ehemann ungeheuer provoziert

Ein Liebhaber, der vom Ehemann seiner Geliebten verprügelt worden ist, hat keinen Anspruch auf Schmerzensgeld. Dies hat das Landgericht Paderborn entschieden.

Im zugrunde liegenden Fall kam ein Ehemann gegen 3 Uhr nachts vorzeitig aus einem 24-stündigen Schichtdienst nach Hause zurück. Zu Hause bemerkte er, dass das Schlafzimmer abgesperrt war. Nachdem er die Schlafzimmertür aufgebrochen hatte, stellte er fest, dass seine Ehefrau mit einem anderen Mann fremdging. Der Ehemann verprügelte daraufhin den Mann so sehr, dass er eine Woche stationär im Krankenhaus aufgenommen werden musste und zudem für sechs Wochen arbeitsunfähig war. Der Mann klagte daher auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgelds.

Amtsgericht wies Klage ab

Das Amtsgericht Brakel wies die Klage mit der Begründung ab, dass das Verhalten des Klägers keinen Anspruch auf Schmerzensgeld gerechtfertigt habe. Denn dieser habe die Stirn gehabt, so das Amtsgericht weiter, nicht nur mit der Ehefrau des Beklagten fremdzugehen, sondern dazu auch noch in das "Allerheiligste" einer bestehenden Ehe einzudringen. Der Zorn des Beklagten und seine darauf folgende Reaktion seien daher verständlich gewesen. Gegen die Entscheidung legte der Kläger Berufung ein.

Anspruch auf Schmerzensgeld bestand nicht

Das Landgericht Paderborn bestätigte das erstin­sta­nzliche Urteil und wies die Berufung des Klägers zurück. Diesem habe kein Anspruch auf Schmerzensgeld zugestanden. Zwar habe der Beklagte rechtswidrig und schuldhaft den Kläger verletzt. Dem Kläger sei jedoch ein Mitverschulden anzulasten, welches seinen Anspruch auf Schmerzensgeld ausschloss.

Überwiegendes Mitverschulden des Klägers lag vor

Das überwiegende Mitverschulden des Klägers habe sich nach Ansicht des Landgerichts daraus ergeben, dass dieser den tätlichen Angriff des Klägers in erheblichem Maße selbst verursacht hatte. Denn dieser sei nicht nur mit der Ehefrau des Beklagten fremdgegangen, sondern habe dies auch noch im Schlafzimmer des Beklagten getan.

Zuerkennung von Schmerzensgeld war unbillig

Das Landgericht führte weiter aus, dass der Zweck des Schmerzensgelds in der Ausgleichs- und Genug­tu­ungs­funktion gesehen wird. Unter Berück­sich­tigung dieser Funktionen müsse die Zahlung eines Schmerzensgelds der Billigkeit entsprechen. Dies betreffe nicht nur die Höhe, sondern könne im Einzelfall auch ein Schmerzensgelds unbillig machen. Ein solcher Fall habe hier vorgelegen.

Ungeheure Provokation lag vor

Das Verhalten des Klägers habe nach Auffassung des Landgerichts eine ungeheure Provokation dargestellt. Zwar sei eine Ehe als solche nicht gewaltsam schützbar. Auch habe sich der Beklagte nicht davor schützen können, dass seine Ehefrau sich von ihm abwendet und eine Beziehung zu einem anderen eingeht. Dies habe der Beklagte hinnehmen müssen. Es mache jedoch einen erheblichen Unterschied, ob sich der Ehebruch an irgendeinem anderen Ort oder im Schlafzimmer der Ehewohnung vollzieht. Darüber hinaus sei zu beachten gewesen, dass der Kläger die Arbeits­be­din­gungen des Beklagten schamlos und in nicht zu überbietender Dreistigkeit ausnutzte. Der Kläger habe somit mit der Reaktion des Beklagten rechnen müssen.

Provokation des Klägers rechtfertigte keine Genugtuung

Eine besondere Genugtuung habe der Kläger aufgrund seiner Provokation aus Sicht des Landgerichts daher nicht verlangen können. Denn der Schmer­zens­geldan­spruch diene grundsätzlich nicht dem Zweck, demjenigen, der in eine fremde Ehe eindringt, dabei im ehelichen Schlafzimmer erwischt wird und sich dann einen körperliche Angriff ausgesetzt sieht, dafür noch eine Genugtuung in Form von Schmerzensgeld zu verschaffen.

Keine Gefahr der Selbstjustiz

Das Landgericht betonte schließlich, dass durch das Urteil nicht die Selbstjustiz legalisiert wird. Denn das Verhalten des Beklagten sei weiterhin rechtswidrig gewesen und habe ein Strafverfahren wegen Körperverletzung nach sich gezogen. Außerdem haben durchaus Ansprüche auf materiellen Schadenersatz bestanden, wie etwa Ersatz für Art- und Behand­lungs­kosten.

Quelle: Landgericht Paderborn, ra-online (vt/rb)

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