Der Kläger hat vom beklagten Land Niedersachsen Schadensersatz wegen der Beschädigung seines Pkw in Höhe von gut 4.350,- € gefordert. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Beklagte unmittelbar nach dem ersten Unfall den Bereich der Mittellandkanalbrücke habe abstreuen müssen. Ein Mitverschulden seinerseits am Unfall bestehe nicht, insbesondere könne von ihm nicht erwartet werden, erheblich langsamer als die vorgeschriebenen 50 km/h zu fahren.
Die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat die Klage abgewiesen. Dem Kläger stehe ein Schadensatzanspruch gegen das Land nicht zu. Ein solcher Amtshaftungsanspruch setzte voraus, dass das Land seine Streupflicht verletzt habe. Das sei nicht der Fall. Zwar bestehe bei Winterglätte grundsätzlich eine Pflicht zur Bestreuung von Straßen, bei der Bestimmung von Inhalt und Umfang dieser Pflicht müsse jedoch berücksichtigt werden, dass es schlicht unmöglich sei, sämtliche Straßen völlig fehlerfrei und gefahrlos zu gestalten oder zu erhalten. Eine Pflicht, alle Fahrbahnen bei Winterglätte rund um die Uhr zu streuen, bestehe daher nicht. Die Verkehrsteilnehmer müssten vielmehr gewisse Einwirkungen der Naturgewalten hinnehmen und eigene Vorsicht walten lassen. Außerhalb der geschlossenen Ortslage bestehe eine Streupflicht nur an besonders gefährlichen Stellen. Gefährlich seien solche Straßenstellen, an denen aufgrund besonderer Umstände, die nicht oder nicht rechtzeitig erkennbar seien, die Möglichkeit eines Unfalls auch für den Fall nahe liege, dass der Verkehrsteilnehmer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt walten lasse. Dementsprechend bestehe außerhalb der geschlossenen Ortslage keine Streupflicht, wenn ein sorgfältiger Kraftfahrer die Glatteisbildung und die daraus drohende Gefahr so rechtzeitig erkennen könne, dass er sich darauf einstellen und durch sachgemäßes langsames und gleichmäßiges Fahren einen Unfall in aller Regel vermeiden könne. So liege der Fall hier. Zwar handele es sich bei der Mittellandkanalbrücke um einen objektiv gefährlichen Straßenabschnitt, weil die Fahrbahnoberfläche hier schneller vereise, diese besondere Gefährlichkeit von Gewässerbrücken sei aber den Autofahrern hinlänglich bekannt. Sie müssten daher ihre Fahrweise bei Temperaturen um den Nullpunkt einer möglichen Glättebildung anpassen. Da die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf 50 km/h reduziert gewesen sei, sei die besondere Gefahrenlage bei Einhaltung dieser Geschwindigkeit auch rechtzeitig wahrnehmbar gewesen. Aus diesem Grund liege eine besonders gefährliche Straßenstelle, die als solche von den Verkehrsteilnehmern bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nicht habe erkannt und ohne Unfall passiert werden können, nicht vor. Die zuständige Straßenmeisterei sei daher selbst bei Kenntnis des Vorunfalls nicht verpflichtet gewesen, zunächst den Bereich der Brücke abzustreuen.
Im übrigen trete eine etwaige Pflichtverletzung des Landes hinter dem ganz erheblichen Mitverschulden des Klägers zurück. Dieser habe seine Fahrweise nicht hinreichend den Witterungsverhältnissen angepasst und die Brücke nach eigenen Angaben ohne deutlich reduzierte Geschwindigkeit überfahren, obwohl er gewusst habe, dass Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt herrschten und ihm die Strecke hinlänglich bekannt war. Aufgrund der winterlichen Temperaturen sei er jedoch gehalten gewesen, seine Geschwindigkeit im Bereich der Brücke erheblich zu verlangsamen. Er habe sich an dieser Stelle, außerhalb der geschlossenen Ortschaft und zur Nachtzeit nicht darauf verlassen dürfen, dass die Straße vollständig abgestreut war.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 23.07.2007
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Osnabrück vom 11.07.2007