Dokument-Nr. 566
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Landgericht Osnabrück Urteil28.04.2005
Schadensersatz wegen unberechtigter Sperrmüllabfuhr bei einem Junggesellen durch Nachbarn
Übertriebene Nachbarschaftshilfe kann unter gewissen Voraussetzungen schadensersatzpflichtig machen. Dies ergibt sich aus einem interessanten Urteil des Landgerichts Osnabrück:
Der Kläger, ein im südlichen Landkreis von Osnabrück lebender Junggeselle mittleren Alters, befand sich von Mitte Juli bis Mitte September 2001 in stationärer Behandlung im Krankenhaus. Während dieses Zeitraumes hatten drei seiner Nachbarn bzw. Bekannte Schlüssel zu seinen Räumlichkeiten. Auf Bitten des Klägers sollte dabei die Beklagte mit zwei weiteren Zeuginnen in den Wohnräumen Ordnung halten.
Die Beklagte gab Mitte August 2001 eine Sperrmüllabfuhr in Auftrag und entfernte aus der Wohnung des Klägers in diesem Zusammenhang mehrere Möbelstücke, unter anderem eine Polstergarnitur, eine Couch sowie zwei Sofas. Abgesehen von der Polstergarnitur, die der Kläger gebraucht gekauft hatte, waren die Möbelstücke sämtlich zu Beginn der 70er Jahre angeschafft worden.
Der Kläger verlangte nun wegen dieser und diverser weiterer Hausratgegenstände zunächst Schadensersatz in Höhe von 15.000 EUR, den er im Laufe des Verfahrens auf 6.680,00 EUR reduzierte und behauptete, die Sperrmüllabfuhr sei ohne seine Kenntnis und gegen seinen Willen erfolgt. Es seien auch nicht nur Möbel, sondern Wäschestücke, Schmuckstücke und andere persönliche Sachen entfernt worden. Die Gegenstände seien teilweise schon sehr alt gewesen, hätten sich aber in einem "einem ordentlichen Junggesellenhaushalt entsprechenden” Gebrauchszustand befunden. Der Wiederbeschaffungswert entspreche der Klageforderung.
Die Beklagte hielt dem Kläger entgegen, sie hätte keine Einrichtungsgegenstände entfernt, sondern seine Wohnung nur richtig aufgeräumt und dabei solche Sachen weggeworfen, die vergammelt, verstümmelt oder verrostet gewesen seien. Der gesamte Hausrat hätte sich in einem desolaten Zustand befunden. Die Möbelstücke hätten keinen Gebrauchswert mehr gehabt. Der Bruder des Klägers hätte die Beklagte damit beauftragt, die Wohnräume gründlich "auszumisten” und nett herzurichten. Sie sei davon ausgegangen, dass der Kläger mit diesen Maßnahmen einverstanden sei bzw. der Kläger seinen Bruder entsprechend beauftragt hätte.
Das Gericht hat die Beklagte nach der Vernehmung von 6 Zeugen zur Zahlung von 350,00 EUR verurteilt und die Klage im übrigen abgewiesen. Ein Schadensersatzanspruch stünde dem Kläger nur im Hinblick auf die Polstergarnitur und zwei Sofas zu. Insofern hätte die Beklagte das Eigentum des Klägers in rechtswidriger Weise verletzt.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht zu der Überzeugung gekommen, dass eine Einwilligung des Klägers zur Sperrmüllabfuhr nicht vorlag, zumal der Bruder des Klägers in seiner Vernehmung eingeräumt hatte, dass er mit einem "Aufstand” des Klägers gerechnet hätte. Auch andere Zeugen berichteten darüber, ihnen sei klar gewesen, dass der Kläger mit der Aktion nicht einverstanden gewesen sei. Dass diese allgemeine Übereinstimmung der Beklagten verborgen geblieben sein soll, hat das Gericht für lebensfremd erachtet, zumal allen Zeugen und auch der Beklagten bekannt gewesen sei, dass der Kläger von seinem Naturell her ein Gewohnheitsmensch sei und keinesfalls seinen Haushalt in irgendeiner Weise ändern wollte. Bei der Sperrmüllabfuhr hätte es sich folglich um eine Art "Zwangsbeglückung” gehandelt, die menschlich möglicherweise gut gemeint, rechtlich aber nicht zu rechtfertigen sei.
Als ersatzfähigen Schaden hat das Gericht einen Betrag von insgesamt 350,00 EUR als Wiederbeschaffungswert im Wege der Schätzung angenommen. In der Beweisaufnahme hatte sich ergeben, dass die Garnitur zur Zeit der Sperrmüllabfuhr etwa 10 Jahre alt war. Im übrigen ließ sich der Erhaltungszustand dieser Polstergarnitur nicht genauer klären. Ein Sofa, das nach Zeugenangaben als sogenanntes "Hundesofa” in der Küche des Klägers stand, war nach Angaben aller Zeugen sehr alt und in einem schlechten Zustand.
Den weiteren Schadensersatzanspruch hat das Gericht abgewiesen und dem Kläger letztlich die gesamten Kosten des Rechtsstreits (insgesamt über 4.000 EUR) auferlegt, da für die nach der Beweisaufnahme zu Unrecht entfernten Gegenstände ein höherer Wert nicht feststellbar war und für weiteren Gegenstände, für die der Kläger Schadensersatz beanspruchte, der Nachweis einer Entfernung durch die Beklagte in der Beweisaufnahme nicht geführt werden konnte.
Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 08.06.2005
Quelle: Pressemitteilung des LG Osnabrück vom 02.06.2005
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