Dokument-Nr. 912
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Landgericht Osnabrück Urteil13.04.2005
Schmerzensgeld wegen Schwierigkeiten im Rahmen einer ambulanten Operation
Die im Landkreis Osnabrück wohnende Klägerin wurde durch ihre Frauenärztin im Oktober 2001 mit der Diagnose einer Zyste im Gebärmutterbereich an den Beklagten überwiesen, damit dieser die Zyste entferne. Bei der Klägerin lagen wegen mehrerer operativer Voreingriffe im Bauchraum Verwachsungen vor.
Nach einem Aufklärungsgespräch führte der Beklagte am 14.11.2001 in seiner Praxis bei der Klägerin eine sog. ambulante Bauchspiegelung durch, in deren Rahmen die Zyste entfernt werden sollte. Dabei kam es zu einer Dünndarmperforation, so dass die Klägerin notfallmäßig in ein Krankenhaus verlegt werden musste. Dort wurde ein Bauchschnitt durchgeführt, bei der sich erhebliche Peritonaladhäsionen fanden. Die Beklagte befand sich nach der Operation vier Wochen im Krankenhaus und musste bis zur 7. postoperativen Woche schwere körperliche Belastungen vermeiden, da die Gefahr eines Narbenbruches bestand.
Mit der Klage verlangte die Klägerin von dem Beklagten u. a. ein Schmerzensgeld in Höhe von ca. 15.000 Euro mit der Behauptung, dass der Beklagte wegen der ihm bekannten Verwachsungen im Bauchraum aufgrund der operativen Voreingriffe die Bauchspiegelung keinesfalls ohne Minilaparotomie hätte durchführen dürfen. Schließlich habe bei ihr ein ganz erhebliches individuelles Risiko von Verletzungen an Darm, Nerven und Gefäßen bestanden. Darüber hinaus sei sie über die Risiken der Operation durch den Beklagten auch nicht ausreichend aufgeklärt worden. Vor diesem Hintergrund und weil sie befürchten müsse, dass es im Bauchraum nunmehr zu noch weiteren Verwachsungen komme sowie wegen der erlittenen psychischen Belastungen hielt die Klägerin das Schmerzensgeld für angemessen.
Der Beklagte ist der Klage entgegen getreten und hat dargelegt, dass er die Klägerin über Umfang und Tragweite des Eingriffs anlässlich der Vorbesprechung in seiner Praxis umfassend informiert hätte. Nachdem es zu der Dünndarmperforation gekommen sei, habe er den Eingriff sofort abgebrochen und die Klägerin in das Krankenhaus verbringen lassen.
Die für Schadensersatzansprüche wegen ärztlicher Behandlungsfehler zuständige 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat der Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 2.500,00 Euro zuerkannt und die Klage im übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat die Kammer, gestützt auf die Feststellungen eines Sachverständigen ausgeführt, dass wegen der Verwachsungen der Klägerin im Bauchbereich ein erhöhtes Risiko für eine Darmverletzung bestanden hätte.
Deswegen hätte die Operation so geplant werden müssen, dass ein sofortiges Umsteigen auf einen Bauchschnitt mit chirurgischer Versorgung möglich gewesen wäre. Das Risiko sei dem Beklagten vor dem Hintergrund seiner handschriftlichen Eintragungen im Aufklärungsbogen auch bewusst gewesen. Deswegen sei eine Bauchspiegelung wegen des erhöhten Risikos einer Darmverletzung, die der Verwachsungsbauch nahelege, nur bedingt geeignet gewesen für ein ambulantes Vorgehen. Sie sei insbesondere nicht geeignet, in den Praxisräumen, in welchen im Notfall kein Bauchschnitt möglich gewesen sei. Das Vorgehen des Beklagten sei deshalb fehlerhaft gewesen, weil er die Klägerin einem unnötigen Risiko ausgesetzt hätte, nämlich dem Risiko einer nicht optimalen medizinischen Versorgung im Fall des Auftretens einer typischen Komplikation, für die bei der Klägerin eine Prädisposition vorlag.
Dagegen hat es die Kammer nicht als behandlungsfehlerhaft gewertet, dass keine Minilaparotomie durchgeführt worden sei. Hierzu hatte der Sachverständige ausgeführt, dass dieser Eingriff unter Berücksichtigung der konkreten Indikation nicht notwendig gewesen sei. Schliesslich ist die Kammer, u. a. durch Einsichtnahme in die Unterlagen über das Aufklärungsgespräch, zu der Auffassung gelangt, dass der Beklagte die Klägerin über die Risiken ausreichend aufgeklärt hat. So enthielten die Aufklärungsunterlagen eine vereinfachte schematische Darstellung, die die Problematik des Eingriffs auch für den Laien sichtbar verdeutlichte und die der Beklagte offensichtlich im Zusammenhang mit dem Aufklärungsgespräch noch handschriftlich weiter erläutert hat.
Für die Bemessung des Schmerzensgeldes war deshalb für die Kammer im Kern lediglich zu berücksichtigen, dass die Klägerin im Rahmen der durchgeführten Bauchspiegelung notfallmäßig in das Krankenhaus verlegt werden musste und dort dann der ohnehin bei einer schicksalhaften Darmverletzung notwendige Bauchschnitt durchgeführt werden musste.
Das Urteil ist rechtskräftig.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 30.08.2005
Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts Osnabrück vom 26.08.2005
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