21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 4313

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Landgericht Osnabrück Urteil07.03.2005

Steuerberaterin muss 40.000 € Schadensersatz zahlen wegen Verletzung eines Treuhand­ver­hält­nisses

Weil sie Pflichten aus einem Treuhand­ver­hältnis verletzt hat, muss eine Steuerberaterin Schadensersatz leisten. Sie hatte den Kaufpreis vor Auslieferung eines PKW ausgekehrt hat. Nach dem Treuhandvertrag hatte sie sich verpflichtet, nur im Einvernehmen mit dem Kläger über den ihr anvertrauten Geldbetrag zu verfügen. Das Landgericht Osnabrück entschied, dass das Treuhand­ver­hältnis auch ohne ausdrückliche Abrede, nämlich durch schlüssiges Handeln der Beteiligten abgeschlossen werden kann.

Die Beklagte ist selbständige Steuerberaterin in der Grafschaft Bentheim. Ende 2003 schloss sie mit der inzwischen zahlungs­un­fähigen S.-AG einen Vertrag, wonach sie als Treuhänderin ein Konto bei einer Bank in Nordhorn eröffnen und auf diesem Zahlungs­eingänge zu Gunsten der S.-AG verwalten sollte. Dazu wurde der Beklagten seitens der S.-AG mitgeteilt, dass es sich bei den Geldern um Einnahmen aus Fahrzeug­ver­käufen handelte. Dem Treuhandvertrag war ein Muster der mit den Kunden der S.-AG abzuschlie­ßenden Kaufverträge sowie die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der S.-AG beigefügt. Darin wurde den Käufern unter anderem erklärt, dass der Kaufpreis bei Abschluss des Vertrages fällig und auf ein im Kaufvertrag benanntes Konto bei einer Deutschen Bank oder Sparkasse, welches zur Absicherung des Käufers durch eine Vermö­gens­scha­dens­haft­pflicht versichert sei, zu zahlen sei.

In der Folgezeit nahm die Beklagte Zahlungen von zahlreichen Kunden der S.-AG auf dem Treuhandkonto entgegen, ohne dass ihr die Einzahler bekannt waren. Die Gelder leitete sie auf Anweisung der S.-AG auf verschiedene Konten weiter.

Im Januar 2004 schloss der Kläger über einen Vermittler der S.-AG, zu dem er über das Internet Kontakt bekommen hatte, einen Kaufvertrag über einen Mercedes Benz SLK zum Kaufpreis von 41.700,00 €. Hiervon sollte er nach dem Kaufvertrag 39.200,00 € auf das Konto der Beklagten überweisen, die als Treuhänderin bezeichnet war. Die Zahlung ging Ende Januar 2004 auf dem Konto ein und wurde von der Beklagten nach Weisung der S.-AG weitergeleitet. Eine Lieferung des PKW an den Kläger erfolgte nicht.

Mit der Klage hat der Kläger von der Beklagten die Rückzahlung der 39.200,00 € begehrt. Dazu hat er behauptet, mit der Zahlung auf das Treuhandkonto habe sichergestellt werden sollen, dass der Kaufpreis erst nach Auslieferung des gekauften PKW ausbezahlt werde. Dem ist die Beklagte entge­gen­ge­treten. Sie ist der Meinung, Pflichten aufgrund eines Treuhand­ver­hält­nisses nur gegenüber der S.-AG und nicht auch gegenüber etwaigen Käufern gehabt zu haben.

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, dass die Beklagte sich schaden­s­er­satz­pflichtig gemacht habe, weil sie Pflichten aus einem Treuhand­ver­hältnis mit dem Kläger verletzt habe, als sie den Kaufpreis vor Auslieferung des PKW ausgekehrt habe.

Zwischen den Beteiligten sei ein Treuhandvertrag zu Stande gekommen, der die Beklagte verpflichtet habe, treuhänderisch auch für den Kläger tätig zu werden und nur mit seinem Einvernehmen über den ihr anvertrauten Geldbetrag zu verfügen. Der Vertragsschluss sei dabei nicht durch eine ausdrückliche Abrede, sondern durch schlüssiges Handeln der Beteiligten (konkludent) erfolgt. Indem sie das Treuhandkonto eingerichtet und der S.-AG zur Abwicklung der Kaufverträge zur Verfügung gestellt habe, habe sie zugleich den Kunden der S.-AG – wenn auch möglicherweise unbewusst - suggeriert, auch für sie als Treuhänderin tätig werden zu wollen.

Die Bezeichnung "Treuhandkonto" sei im Verhältnis zu den Käufern nämlich gerade gewählt worden, um bei ihnen den Eindruck zu erwecken, der Kaufpreis sei bis zur Lieferung der Fahrzeuge bei einem neutralen Dritten sicher verwahrt. Vor diesem Hintergrund habe die Beklagte Zahlungen auf das von ihr unterhaltene Treuhandkonto als Angebot auf Abschluss eines Treuhand­ver­hält­nisses verstehen müssen.

Die notwendige Annahme dieses Angebots liege aus Sicht der Käufer bzw. eines objektiven Dritten in der wider­spruchslosen Entgegennahme und Verwaltung des Geldes. Dies habe ein Käufer dahin verstehen dürfen, dass die Beklagte fortan auch in seinem Interesse bei der Verwaltung des eingezahlten Geldes tätig werden würde. Die ihr aus dem konkludent geschlossenen Treuhandvertrag obliegende Pflicht, die Siche­rungs­in­teressen des einzahlenden Kunden zu wahren, habe die Beklagte schuldhaft verletzt, als sie den Kaufpreis ohne vorherige Rücksprache mit dem Kläger nach Weisung der S.-AG ausgezahlt habe, ohne dass die Auslieferung des gekauften Fahrzeugs sichergestellt war.

Dieses Urteil des Landgerichts ist nunmehr durch den Bundes­ge­richtshof bestätigt worden und damit rechtskräftig. Darüber hinaus ist die Steuerberaterin in insgesamt 5 weiteren gleich gelagerten Fällen, die beim Landgericht Osnabrück anhängig waren, rechtskräftig zu Schaden­s­er­satz­zah­lungen in Höhe von gut 139.000,- € verurteilt worden.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Osnabrück vom 08.05.2007

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