21.11.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 647

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Landgericht Osnabrück Urteil21.02.2005

100.000,- € Schmerzensgeld nach Verlust eines Auges wegen vorsätzlichem Schlag mit einem Bierglas

Das Landgericht Osnabrück hat am 21.02.2005 einem 22-jährigen Kläger wegen des Verlustes eines Auges ein Schmerzensgeld in Höhe von 100.000 Euro zugesprochen. Diese Entscheidung der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück ist nunnhmehr nach Berufungs­rü­cknahme rechtskräftig geworden.

Der 31-jährige Beklagte aus Osnabrück hatte gegen diese Verurteilung Berufung beim Oberlan­des­gericht Oldenburg eingelegt und diese darauf gestützt, daß er nicht vorsätzlich gehandelt hätte. Deshalb sei ein Schmerzensgeld von höchstens 50.000 EUR angemessen. Der 8. Zivilsenat des OLG Oldenburg hat den Beklagten sodann darauf hingewiesen, daß das Urteil des Landgerichts fehlerfrei sei. Die Beweiswürdigung des Gericht sei auch im Hinblick auf die Annahme des Vorsatzes rechts­feh­lerfrei. Auf diesen Hinweis hin hat der Beklagte die Berufung zurückgenommen. Das landge­richtliche Urteil ist somit jetzt rechtskräftig.

Zum Fall:

Der Kläger besuchte im Januar 2004 mit einigen Bundes­wehr­ka­meraden eine Diskothek im Bereich des Hauptbahnhofs von Osnabrück, wo es gegen 2.15 Uhr zu einer Ausein­an­der­setzung mit dem in Osnabrück wohnenden 31-jährigen Beklagten kam, in deren Verlauf das linke Auge des Klägers mittels eines Glases derart schwer verletzt wurde, dass es später entfernt werden musste. Der Kläger kam sofort ins Krankenhaus und wurde nofallmäßig operiert, das Auge konnte aber nicht mehr gerettet werden. Die Sehkraft auf dem verbleibenden rechten Auge liegt unkorrigiert bei 20 bis 30 %, im korrigierten Zustand bei etwa 63 %. Da der Kläger nach dem Vorfall dreidimensional nicht mehr sehen kann, kann er seinen Wunschberuf als Mechatroniker nicht erlernen.

Der Kläger behauptete, zwischen ihm und dem Beklagten hätte es ohne nachvoll­ziehbaren Anlass zunächst eine Rempelei gegeben. Obwohl diese bereits beendet gewesen sei, habe der Beklagte plötzlich ohne Vorwarnung mit voller Wucht ein Glas in sein linkes Auge geschlagen. Das Glas sei durch die Wucht des Schlages im Gesicht zerbrochen. Anschließend hätte der Beklagte den Stiel des Glases noch nachgedrückt, so dass sich dieses in das Auge bis zur hinteren Wand der Augenhöhle vorgeschoben hätte.

Der Beklagte hat dem gegenüber vorgetragen, dass er versucht hätte, einen Streit zwischen dem Kläger und einem weiteren Gast zu schlichten. Im Zuge einer Abwehrhandlung hätte er die linke Hand hochgerissen, in der er das Glas gehalten habe. Der Kläger seinerseits sei dabei in das Glas hineingelaufen bzw. gestolpert.

Nach der Vernehmung von 7 Zeugen ist das Gericht zu der Überzeugung gelangt, dass sich der Vorfall tatsächlich so wie vom Kläger behauptet abgespielt hat. Dabei hat das Gericht seine Entscheidung u. a. maßgeblich auf eine völlig unbeteiligte Zeugin gestützt, die bekundet hat, dass die Ausein­an­der­setzung zwischen den Parteien bereits beendet gewesen sei, als der Beklagte unvermittelt das Glas in das Gesicht des Klägers geschlagen hätte.

Zur Begründung des hohen Schmer­zens­geldes hat das Gericht einmal auf die schweren Verletzungen des Klägers, die nunmehr eingeschränkte Berufswahl sowie seine lebenslange optische Beein­träch­tigung wegen des Verlustes hingewiesen, die durch ein Implantat nicht vollständig beseitigt werden kann. Ausdrücklich hat das Gericht auch die erheblichen Schmerzen des Klägers berücksichtigt, der tagelang unter unerträglichen Schmerzen litt, weil das Augenlid des linken Auges ständig über die verletzte Oberfläche des zertrümmerten Augenkörpers glitt. Darüber hinaus hat sich auf die Höhe des Schmer­zens­geldes der Umstand ausgewirkt, dass der Beklagte die Verletzung einschließlich des Verlustes des Auges beabsichtigt hätte und der Beklagte sich bis zum Zeitpunkt der Urteils­ver­kündung mit keinem Wort beim Kläger entschuldigt, sondern vielmehr versucht hat, diesem die Verantwortung für die erlittenen Verletzungen durch eine wahrheits­widrige Darstellung des Geschehens aufzubürden.

Der Beklagte wurde im übrigen durch das Amtsgericht Osnabrück am 02.02.2005 wegen schwerer Körper­ver­letzung zu einer Freiheitsstrafe von 3 ½ Jahren verurteilt. Auch dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG Osnabrück vom 28.06.2005

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