Zum Unglück war es gekommen, weil der Vierbeiner des Beklagten unversehens auf die Straße gesprungen und gegen ein gerade vorbeifahrendes Auto geprallt war. Dabei entstand am Fahrzeug ein Blechschaden von über 7.000 DM.
Bei der Bewertung der beiderseitigen Verursachungsanteile fiel zu Lasten des Hundehalters ins Gewicht, dass er nichts unternommen hatte, um seinen Hund von der innerörtlichen Durchgangsstraße fernzuhalten. Dieses Versäumnis kreideten ihm die Richter als Fahrlässigkeit an.
Demgegenüber war der Autofahrerin kein persönliches Verschulden nachzuweisen. Sie haftete ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der "Gefährdungshaftung", d.h. wegen der verschuldensunabhängigen Betriebsgefahr, die von jedem Kraftfahrzeug ausgeht. Ihr Haftungsanteil fiel daher deutlich geringer aus als der des Tierhalters.
Geklagt hatte allerdings nicht etwa der Hundebesitzer, sondern die Autofahrerin. Ihr leuchtete nicht ein, warum sie - obwohl schuldlos - auf einem Teil des Schadens sitzen bleiben sollte. Der Hund sei völlig überraschend aus einem Graben herausgesprungen und unmittelbar vor ihr über die Straße gerannt. Trotz sofortiger Reaktion habe sie den Zusammenprall nicht mehr vermeiden können. Sie bestehe daher auf vollem Schadensersatz.
Der beklagte Tierhalter erklärte sich zwar bereit, die überwiegende Haftung auf sich zu nehmen. Ganz wollte er aber die Klägerin aus ihrer Verantwortung als PKW-Halterin nicht entlassen. Er kürzte deshalb ihre Schadensersatzforderung um ein Viertel. Damit wollte sich die Autofahrerin nicht abfinden und zog vor Gericht.
Das Landgericht Nürnberg-Fürth gab dem beklagten Tierhalter recht. Die Klägerin hätte nur dann Anspruch auf vollen Schadensersatz gehabt, wenn selbst ein noch so guter Fahrer den Unfall nicht hätte vermeiden können oder wenn ihr eigener Verursachungsbeitrag nicht nennenswert ins Gewicht gefallen wäre. Keine der beiden Voraussetzungen war erfüllt. Weder hatte die Klägerin nachgewiesen, dass der Zusammenstoß selbst bei äußerst vorsichtiger Fahrweise unausweichlich war, noch war ihre Mitverantwortung als PKW-Halterin so gering zu veranschlagen, dass sie von der Tierhalter-Haftung völlig überlagert wurde.
Das Gericht hatte somit abzuwägen: Auf der Seite der Kfz-Halterin die verschuldensunabhängige Betriebsgefahr ihres PKW, auf der Gegenseite die verschuldensunabhängige Tiergefahr und zusätzlich das schuldhafte, weil fahrlässige Verhalten des Tierhalters. Im Ergebnis bewerteten die Richter den Haftungsanteil des Hundebesitzers zwar deutlich höher als den der Autofahrerin, aber doch nicht so hoch, dass deren Verursachungsbeitrag ganz unter den Tisch hätte fallen können. Somit blieb es dabei: Die Autobesitzerin musste ein Viertel ihres Schadens selber tragen.
Erläuterungen
Die Entscheidung ist aus dem Jahr 1995 und erscheint im Rahmen der Reihe "Gut zu wissen".
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.03.2005
Quelle: ra-online, OLG Nürnberg (pt)