03.12.2024
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Landgericht Münster Urteil20.08.2009

Rotlicht­verstoß: Einfahren in einen Kreuzungs­bereich trotz roter Ampel stellt auch bei Sonnenblendung grob fahrlässiges Verhalten darVollkasko­versicherung darf geltend gemachte Ansprüche um 50 % kürzen

Fährt ein Autofahrer bei Rotlicht in eine Kreuzung ein und verursacht dadurch einen Unfall, darf die Vollkas­ko­ver­si­cherung die geltend gemachten Ansprüche wegen grob fahrlässigen Verhaltens des Versi­che­rungs­nehmers um 50 % kürzen. Dies entschied das Landgericht Münster.

Im zugrunde liegenden Streitfall kam es zu einem Unfall zwischen dem Fahrzeug der späteren Klägerin und einem weiteren Fahrzeug an einer Ampelkreuzung. Am Auto der Klägerin entstand ein Schaden von mindestens 16.865,73 Euro und die Frau wurde vom Amtsgericht wegen Rotlicht­ver­stoßes zur Zahlung einer Geldbuße verurteilt.

Versicherung beruft sich auf "mittleren Grad" grober Fahrlässigkeit

Die Vollkaskoversicherung der Klägerin war indes nur bereit, geltend gemachte Ansprüche in Höhe von 50 % zu regulieren. Die Versicherung hielt das Verhalten der Autofahrerin für grob fahrlässig, da sie bei Rot gefahren sei. Die Versicherung berief sich auf teilweise Leistungsfreiheit gemäß § 81 Abs. 2 VVG und war der Ansicht, sie könne sich auf einen "mittleren Grad" der groben Fahrlässigkeit berufen, was eine Leistungs­frei­heitsquote von 50 % rechtfertige.

Klägerin wurde durch Sonnenlicht geblendet

Die Klägerin war jedoch davon überzeugt, dass die Ampel für sie Grün gezeigt habe. Die Sonne habe so gestanden, dass sie geblendet worden sei und den Unterschied zwischen Rot und Grün nicht habe sehen können. Daher könne ihr jedenfalls subjektiv der Vorwurf der groben Fahrlässigkeit nicht gemacht werden.

LG Münster: Versicherung beruft sich zu Recht auf hälftige Leistungs­freiheit

Die Klage blieb vor dem Landgericht Münster allerdings erfolglos. Das Gericht stellte fest, dass die Versicherung sich zu Recht auf eine mindestens hälftige Leistungs­freiheit berufen habe, da die Voraussetzungen für die Anspruchs­kürzung vorlägen, weil die Klägerin den Versi­che­rungsfall grob fahrlässig herbeigeführt habe.

Zeugenaussage bestätigt Fehlverhalten der Klägerin

Nach Zeugenaussagen stehe es zur Überzeugung der Richter fest, dass die Klägerin trotz einer für sie rot anzeigenden Licht­zei­che­n­anlage in den Kreuzungs­bereich eingefahren sei und dadurch den Verkehrsunfall verursacht habe.

Überfahren einer roten Ampel ist in aller Regel objektiv als grob fahrlässig zu bewerten

Verkehrs­si­gna­l­anlagen gehören zu den Verkehr­s­ein­rich­tungen, die jeder Kraftfahrer mit besonderer Sorgfalt zu beachten habe, so das Gericht. Das Überfahren einer Kreuzung bringe hohe Gefahren mit sich, insbesondere wenn sie für einen Verkehrs­teil­nehmer durch rotes Ampellicht gesperrt sei. Das Überfahren einer roten Ampel sei in aller Regel objektiv als grob fahrlässig zu bewerten, da von einem durch­schnittlich sorgfältigen Kraftfahrer erwartet werden könne und müsse, dass er an einer Kreuzung konzentriert die Ampelschaltung an einer Verkehrs­si­gna­l­anlage wahrnähme und beachte.

Autofahrer darf sich beim Einfahren in Kreuzungs­bereich nicht auf subjektive Einschätzung verlassen

Sofern sich die Klägerin darauf berufe, dass sie durch Sonnenblendung die Ampel nicht richtig habe erkennen können, sei dies erst Recht als grob fahrlässig einzustufen, da sie sich auf ihre subjektive Einschätzung verlassend in den Kreuzungs­bereich einfahren sei. Ein Fahrer, der sich aufgrund einer Sonnenblendung nicht ganz sicher sei, welche Farbe die Licht­zei­che­n­anlage anzeigt, dürfe unter keinen Umständen einfach in den Kreuzungs­bereich einfahren, sondern müsse entweder sicherstellen, dass er die richtige Farbe ermitteln kann oder – wenn dies unmöglich ist – sich langsam in den Kreuzungs­bereich herein tasten und dabei jegliche Gefährdung anderer Verkehrs­teil­nehmer vermeiden. Dies habe die Klägerin nicht getan.

Schwere der groben Fahrlässigkeit rechtfertigt 50 prozentige Leistungs­freiheit

Das Gericht kam im vorliegenden Fall zu dem Ergebnis, dass die Schwere des hier maßgeblichen Verstoßes so groß sei, dass eine Leistungs­freiheit von weniger als 50 % unter keinen Umständen angemessen sei. Unabhängig davon, ob die Klägerin einfach aus Unachtsamkeit das Rotlicht übersehen habe oder ob sie aufgrund der Blendung durch die Sonne bei unsicherer Licht­zei­chen­re­gelung unvorsichtig in den Kreuzungs­bereich hineingefahren sei, sei die Schwere der groben Fahrlässigkeit jedenfalls so hoch zu bewerten, dass eine mindestens 50 prozentige Leistungs­freiheit sachgerecht sei. Damit werde berücksichtigt, dass das Missachten des Rotlichts im Straßenverkehr einen besonders gravierenden Pflichtverstoß darstelle und jegliche Unachtsamkeit in diesem Bereich als besonders schwerwiegend anzusehen sei.

Quelle: ra-online (ac)

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