18.10.2024
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Landgericht München I Urteil24.08.2005

Junge Welt darf nicht zum Boykott der GEZ aufrufenÄußerungen zum neuen Rundfunkstaats­vertrag aber als Meinung­s­äu­ßerung erlaubt

Das Landgericht München I hat dem Verlag 8. Mai, in dem die Zeitschrift Junge Welt erscheint, den Aufruf "Melden Sie Ihr Fernsehgerät bei der GEZ ab" endgültig verboten. Die Zeitschrift hatte mit diesem Satz zwei Meldungen vom 24. und 27. Januar 2005 abgeschlossen, weswegen die ARD-Anstalten bereits am 21.02.05 eine einstweilige Verfügung beim Landgericht München I erwirkt hatten. Hierüber hatte die Junge Welt wiederum am 18. März 2005 berichtet.

Im nun zur Entscheidung stehenden Haupt­sa­che­ver­fahren ging es einerseits um den oben zitierten Boykott-Aufruf, den die für Pressesachen zuständige 9. Zivilkammer des Landgerichts München I erneut untersagte. Die Behauptung des Verlages, die Aussage sei als "Aufruf, nicht mehr fernzusehen", zu betrachten, bezeichneten die Richter dabei als "nicht vertretbar und darüber hinaus lebensfremd".

Andererseits ging es um die Frage, ob die Junge Welt in ihren Artikeln folgende Aussagen machen durfte:

"...Der neue Rundfunkstaats­vertrag weist der GEZ den Status... eines Datenhändlers zu.... Weiterverkaufen darf die GEZ ihre Daten auch."

und

"...Der neue Abschnitt im Staatsvertrag verschweigt nämlich, in welchem Umfang die GEZ Adressen aufkaufen darf und auch, was nach der Auswertung mit den Adressen passiert. In letzter Konsequenz wäre sogar ein Weiterverkauf der Kundendaten möglich."

Insoweit billigten die Richter der Jungen Welt zu, dass es sich noch um eine von Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gedeckte Meinung­s­äu­ßerung handelte:

"Die Ausgangs­mit­teilung macht deutlich, dass nicht der Inhalt des Rundfunk­ge­büh­ren­staats­ver­trages mitgeteilt, sondern daraus eine Schluss­fol­gerung abgeleitet wird. Die Beklagte teilte ihre Auslegung des Rundfunk­ge­büh­ren­staats­ver­trages und damit eine persönliche Rechts­auf­fassung mit, die selbst dann als Meinung dem grundsätzlichen Schutz der Äußerungs­freiheit unterfällt, wenn sie einer objektiven Beurteilung nicht standzuhalten vermag."

Da der Rundfunk­ge­büh­ren­staats­vertrag in § 8 Abs. 4 uneindeutig sei und auf § 28 Bundes­da­ten­schutz­gesetz verweise, der die Möglichkeit kennt, gekaufte Daten entgeltlich und unentgeltlich an Dritte weiter zu überlassen, halte die von der Beklagten vertretene Rechts­auf­fassung einer objektiven Beurteilung auch durchaus stand, so die Richter weiter. Denn auch durch die Zweckbindung des § 8 Abs. 4 sei eine Befugnis zur Weiter­über­lassung gekaufter Daten nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Die Tatsache, dass eigene Daten der GEZ nicht weiterverkauft werden dürfen, bleibt dadurch unberührt. Die Richter fassen zusammen:

"Die Ausgangs­be­rich­t­er­stattung schildert mithin wertend aber zutreffend die missver­ständliche gesetzliche Grundlage des Datenerwerbs durch die GEZ auf dem freien Markt und verletzt die Klägerinnen daher insoweit nicht in ihren Rechten."

.....

"Dass die Klägerinnen tatsächlich gekaufte Daten weiterveräußert hätten oder dies beabsichtigen würden, wird in der Ausgangs­mit­teilung nicht behauptet und ist damit nicht Gegenstand des Rechtsstreits."

Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts München I vom 24.08.2005

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