Im nun zur Entscheidung stehenden Hauptsacheverfahren ging es einerseits um den oben zitierten Boykott-Aufruf, den die für Pressesachen zuständige 9. Zivilkammer des Landgerichts München I erneut untersagte. Die Behauptung des Verlages, die Aussage sei als "Aufruf, nicht mehr fernzusehen", zu betrachten, bezeichneten die Richter dabei als "nicht vertretbar und darüber hinaus lebensfremd".
Andererseits ging es um die Frage, ob die Junge Welt in ihren Artikeln folgende Aussagen machen durfte:
"...Der neue Rundfunkstaatsvertrag weist der GEZ den Status... eines Datenhändlers zu.... Weiterverkaufen darf die GEZ ihre Daten auch."
und
"...Der neue Abschnitt im Staatsvertrag verschweigt nämlich, in welchem Umfang die GEZ Adressen aufkaufen darf und auch, was nach der Auswertung mit den Adressen passiert. In letzter Konsequenz wäre sogar ein Weiterverkauf der Kundendaten möglich."
Insoweit billigten die Richter der Jungen Welt zu, dass es sich noch um eine von Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz gedeckte Meinungsäußerung handelte:
"Die Ausgangsmitteilung macht deutlich, dass nicht der Inhalt des Rundfunkgebührenstaatsvertrages mitgeteilt, sondern daraus eine Schlussfolgerung abgeleitet wird. Die Beklagte teilte ihre Auslegung des Rundfunkgebührenstaatsvertrages und damit eine persönliche Rechtsauffassung mit, die selbst dann als Meinung dem grundsätzlichen Schutz der Äußerungsfreiheit unterfällt, wenn sie einer objektiven Beurteilung nicht standzuhalten vermag."
Da der Rundfunkgebührenstaatsvertrag in § 8 Abs. 4 uneindeutig sei und auf § 28 Bundesdatenschutzgesetz verweise, der die Möglichkeit kennt, gekaufte Daten entgeltlich und unentgeltlich an Dritte weiter zu überlassen, halte die von der Beklagten vertretene Rechtsauffassung einer objektiven Beurteilung auch durchaus stand, so die Richter weiter. Denn auch durch die Zweckbindung des § 8 Abs. 4 sei eine Befugnis zur Weiterüberlassung gekaufter Daten nicht ausnahmslos ausgeschlossen. Die Tatsache, dass eigene Daten der GEZ nicht weiterverkauft werden dürfen, bleibt dadurch unberührt. Die Richter fassen zusammen:
"Die Ausgangsberichterstattung schildert mithin wertend aber zutreffend die missverständliche gesetzliche Grundlage des Datenerwerbs durch die GEZ auf dem freien Markt und verletzt die Klägerinnen daher insoweit nicht in ihren Rechten."
.....
"Dass die Klägerinnen tatsächlich gekaufte Daten weiterveräußert hätten oder dies beabsichtigen würden, wird in der Ausgangsmitteilung nicht behauptet und ist damit nicht Gegenstand des Rechtsstreits."