15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen die Silhouette einer Person, welche an einer Wand mit vielen kleinen Bildern vorbeigeht.
ergänzende Informationen

Landgericht München I Urteil11.06.2008

Reißerischer Artikel über die Ehefrau eines Straftäters ist eine Verletzung des Persön­lich­keits­rechts50.000 € Schmerzensgeld für psychische Leiden

Die reißerische Berich­t­er­stattung über die Sozialsphäre eines Straftäters, insbesondere dessen Ehepartner, kann eine Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung des betroffenen Ehepartners darstellen. Dies geht aus einem Urteil des Landgerichts München hervor, dass eine große Boule­va­rd­zeitung zu einem Schmerzensgeld in Höhe von 50.000 € verurteilte.

Die Zeitung hatte im September 2005 über die Festnahme eines "Killers" (verurteilt war der Mann - zumindest von einem Gericht - übrigens noch nicht) am Münchner Flughafen berichtet und sich dabei unter der Überschrift "Münchnerin heiratete diesen eiskalten Killer" eingehend mit dessen Ehefrau befasst. Und das las sich dann so:

"Mit 40 noch mal einen zehn Jahre jüngeren Mann abgreifen - für die Münchner Kranken­schwester Fiona Z. [Name und Beruf im Rahmen dieser Presse­mit­teilung geändert] war's wie ein Hauptgewinn im Lotto".

Die Zeitung hielt es auch für richtig, neben Alter, Beruf und dem halbwegs vollständigen Namen der Ehefrau deren Wohnort anzugeben und ihr Klingelschild an der Wohnungstür zu beschreiben.

Die Ehefrau verklagte daraufhin die Zeitung, den Chef der Regio­na­l­re­daktion und den presserechtlich verant­wort­lichen Redakteur auf Unterlassung und Schmerzensgeld. Infolge ihrer durch den Artikel ausgelösten Angst, von der Öffentlichkeit als Ehefrau eines Mörders erkannt und geächtet zu werden, habe sie sich nervenärztlich und psycho­the­ra­peutisch behandeln lassen müssen. Die Beklagten sahen die Sache ganz anders: Bei Straftaten müsse auch über die Sozialsphäre von Straftätern berichtet werden dürfen. Von einer Persön­lich­keits­rechts­ver­letzung könne im Übrigen keine Rede sein. Im Gegenteil: Der Artikel erwecke vielmehr Mitgefühl gegenüber der Klägerin und Erleichterung, dass ihr nichts zugestoßen sei. Ja, Undank ist der Welten Lohn…

Diese Sichtweise schlug dem Fass nach Ansicht des Gerichts dann doch den Boden aus. Im Urteil heißt es dazu:

"Schon die Überschrift des … Artikels … stellt nicht in erster Linie auf die Straftat ab, … sondern stellt in reißerischer Manier die Beziehung der Klägerin zum Verdächtigen heraus. … Die Klägerin wird herabgewürdigt, indem ihr unterstellt wird, aus einer Art "Torschlusspanik" heraus eine Beziehung zu ihrem Ehemann eingegangen zu sein. Damit wird ihr gleichzeitig unterstellt, normalerweise für eine Beziehung zu alt und nicht mehr attraktiv zu sein. … Unter diesen Umständen sind die Ausführungen in der Klageerwiderung, der Artikel wecke Mitleid mit der Klägerin und Erleichterung, dass ihr nichts passiert sei, eine zusätzliche Verhöhnung der Klägerin."

Nachdem ein vom Gericht bestellter Sachver­ständiger den Artikel als zumindest mitursächlich für die psychischen Leiden der Klägerin bewertet hatte, gab die Kammer der Klage statt und verurteilte die Beklagten zu einer Geldent­schä­digung in Höhe von 50.000,00 €.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 31/08 des LG München I vom 11.06.2008

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil6195

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI