Dröhngeräusche im Neuwagen, Kakerlaken im Hotelzimmer, Gammelfleisch im Supermarkt und Schrottimmobilien von der Bank: "Mängel" sind das täglich Brot der Zivilgerichte. Auch ein Urteil der 7. Zivilkammer des Landgerichts München I befasst sich mit Mängeln. Bemerkenswert daran: Es geht um die Mangelhaftigkeit von Menschen und nicht - wie üblich - einer Sache.
Ein Juwelier wollte einen Schmuckkatalog auflegen und hatte deshalb bei einer Agentur zwei Fotomodelle für jeweils drei Tage gebucht. Die Auftritte der beiden Damen währten indes nur kurz: Erst beschwerte sich der Juwelier über die unreine Haut des einen, dann über die mangelnde Professionalität des anderen Modells.
Die Gesichtshaut des Fotomodells - so ließ der Juwelier das Gericht wissen - sei derart unrein und teilweise entzündet gewesen, dass die Stylistin sowie die Make-Up-Spezialistin nur unter großem zusätzlichem Zeit- und Arbeitsaufwand einen nicht optimalen Fotografier-Zustand herstellen konnten. Daher sei trotz mehrstündigen Versuchen und erheblicher Mehrarbeit nur ein verwertbares Foto gelungen.
Wegen des "völlig unprofessionellen" Auftretens des anderen Modells habe sich der Fotograf geweigert, weiterzuarbeiten; außerdem habe dieses Modell "zu feine Haare" gehabt. Der Juwelier beendete deshalb das Engagement und blieb die vereinbarte Gage weitgehend schuldig.
Die Modellagentur klagte daraufhin die Restforderung in Höhe von über € 11.000 ein. Das Gericht gab der Klage in vollem Umfang statt.
Zwar erkannte das Gericht in den kurzfristig aufgetretenen Hautirritationen (vier kleine rote Knubbelchen) im Gesicht des Fotomodells eine negative Abweichung von dem, was der Kunde habe erwarten dürfen. Dem beklagten Juwelier - so stellte das Gericht fest - war das aber bekannt, denn die Agentur hatte den Juwelier unmittelbar vor dem Foto-Shooting durch Vorlage von Fotos über die Hautirritationen informiert, ohne dass der Juwelier hierauf reagierte. Außerdem waren bei den Foto-Aufnahmen nicht nur verwertbare und nach dem Urteil des Gerichts sogar hervorragende Bilder des Fotomodells entstanden - vier dieser Aufnahmen fanden sogar Eingang in den Katalog des Juweliers. Auch die Schminkzeit - so fand das Gericht durch die Anhörung von Zeugen heraus - hatte sich durch die Hautirritationen nur unmaßgeblich verlängert.
Zuletzt konnte der Juwelier auch die angeblich fehlende Professionalität des zweiten Fotomodells nicht nachweisen: Der dafür aufgebotene Fotograf konnte dergleichen nicht bestätigen. Und was das "zu feine Haar" angeht stellte das Gericht fest, dass nach den übereinstimmenden Aussagen aller Zeugen nicht einmal versucht worden war, die von dem Fotomodell mitgebrachten Haarteile in die Frisur einzuarbeiten - obwohl damit hervorragende Ergebnisse hätten erzielt werden können.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 14.07.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung des LG München I vom 14.07.2008