24.11.2024
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Dokument-Nr. 1224

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Landgericht München I Urteil09.12.2004

Gericht untersagt Veröf­fent­lichung von früher privat aufgenommenen FotosWie öffentlich ist das Gesicht von Tatjana Gsell?

Die Zeitschrift "FREIZEIT SPASS" hatte in ihrer Ausgabe 43/2004 über Tatjana Gsell und ihr Verhältnis zu Prinz Ferfried von Hohenzollern berichtet.

Der Beitrag mit dem Titel "Über sein peinliches Liebes-Gestammel lacht ganz Deutschland" war mit verschiedenen Fotos unterlegt, von denen eines Tatjana Gsell mit ihrem verstorbenen Ehemann, dem Nürnberger Schön­heit­s­chirurgen Dr. Gsell zeigt. Neben dieses Bild hatten die Redakteure ein Jugendfoto von Frau Gsell im Alter von 18 oder 19 Jahren gestellt und dieses mit dem Bildzusatz versehen: "Natur pur: So sah Tatjana aus, bevor der Doktor zum Messer griff". Um weitere Veröf­fent­li­chungen dieses Fotos zu verhindern, wendete sich Frau Gsell an das LG München I. Das Foto sei vor 15 Jahren im privaten Umfeld entstanden und ohne ihr Wissen und Wollen erschienen. Ein Zusammenhang mit der Berich­t­er­stattung über Prinz von Hohenzollern sei dabei nicht zu erkennen. Durch die Wiedergabe des Fotos solle der Eindruck erweckt werden, dass sie sich (allein) durch die Schön­heits­ope­ra­tionen sozusagen von einem "hässlichen jungen Entlein" in einen "schönen Schwan" verwandelt habe. Dabei ermögliche das Bild gar keinen Vergleich ihres Aussehens vor und nach der Operation, da es etliche Jahre, bevor sie im Alter von 25 Jahren Dr. Gsell geheiratet habe, aufgenommen worden sei.

Die 7. Kammer des LG München I untersagte dem Burda-Verlag per einstweiliger Verfügung weitere Veröf­fent­li­chungen des Fotos. Hiergegen legte der Verlag Widerspruch ein. Er machte geltend, Frau Gsell sei durch einen aufse­hen­er­re­genden Mordfall zu Berühmtheit gelangt und zähle zu denjenigen Personen, die in die Öffentlichkeit drängen und ihr gesamtes Leben öffentlich zelebrierten. Sie versuche dabei auch stets, ihre "weiblichen Reize" zu betonen. Wer sich dergestalt hemmungs- und hüllenlos vermarkte, müsse damit rechnen, dass sein heutiges Äußeres mit dem früheren verglichen werde.

Die Kammer wies nun den Widerspruch zurück und bestätigte die zuvor erlassene Unter­las­sungs­ver­fügung. Sie entschied:

Zwar darf über Personen, die ihre Person und ihr Äußeres aktiv in der Öffentlichkeit vermarkten (sog. "aktive relative Personen der Zeitgeschichte"), umfassend in Wort und Bild berichtet werden. Dies gilt jedenfalls, soweit ein Bezug zu den Ereignissen besteht, durch die das Medieninteresse selbst geweckt wurde. Hieraus kann aber kein Recht der Medien abgeleitet werden, erkennbar private Aufnahmen zu veröffentlichen, die aus einer Zeit stammen, zu der die Person den Schritt in die Öffentlichkeit noch nicht getan hatte. Zwar muss die Person die Folgen ihrer Entscheidung, ihre Privatsphäre ganz oder teilweise der Öffentlichkeit preiszugeben, selbst tragen. Sie muss daher z.B. damit rechnen, in der Öffentlichkeit fotografiert zu werden. Ab dem Zeitpunkt ihrer Entscheidung kann sie sich jedoch auf diesen Umstand einrichten und entscheiden, ob und wenn ja wie sie sich in der Öffentlichkeit zeigt. Diese Möglichkeit hatte sie zu früheren Zeiten nicht, da sie noch nicht voraussehen konnte, dass sie später einmal im Zentrum der Medien­öf­fent­lichkeit stehen würde. Das Gericht entschied daher, dass im vorliegenden Fall das Persön­lich­keitsrecht von Frau Gsell schwerer wiegt als das Interesse der Medien an der Veröf­fent­lichung der Fotos.

Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts München I vom 22.12.2004, bearbeitet von der ra-online Redaktion

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