23.11.2024
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Sie sehen Geld, auf dem das Wort „Insolvenz“ arrangiert wurde.

Dokument-Nr. 4314

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Landgericht München I Urteil31.05.2007

Verschuldet der Aufsichtsrat die Insolvenz, macht er sich schaden­s­er­satz­pflichtigBenediktinerabt muss 330.000 € zahlen

Das Landgericht München I hat den Abt und einen Pater eines Münchner Benedik­ti­ner­stifts zu einer Schaden­s­er­satz­leistung von € 330.000,00 verurteilt. Anlass des Rechtsstreits war die Insolvenz der ‚Kloster Andechs Gastronomie AG' im Jahre 2004. Das Benedik­ti­nerstift - das auch die Klosterbrauerei Andechs betreibt - war mit ca. 42 % an der ‚Kloster Andechs Gastronomie AG' beteiligt. Aufsichts­rats­vor­sit­zender der AG war der Abt selbst. Der verklagte Pater gehörte dem Vorstand der AG an.

Obwohl sich das Unternehmen bereits im Frühjahr 2004 in einer wirtschaft­lichen Krise befand oder eine solche zumindest drohte, sagte der Abt eine für Mai anberaumte Aufsichts­rats­sitzung ab. Der beklagte Pater sagte seinerseits eine für Mai angesetzte Vorstands­sitzung ab. Weder dem Verlangen eines Vorstands, noch der Bitte eines Aufsichts­rats­mit­glieds, eine Aufsichts­rats­sitzung einzuberufen, um eine Kapitalerhöhung für die AG in die Wege zu leiten, kam der Abt nach. Als besagtes Aufsichts­rats­mitglied schließlich selbst für Juli eine Aufsichts­rats­sitzung einberief, nahmen der Abt und die übrigen seitens des Klosters bestellten Aufsichts­rats­mit­glieder daran nicht teil.

Erst im August 2004 fand eine Aufsichts­rats­sitzung und im September eine außer­or­dentliche Haupt­ver­sammlung statt, die sich unter anderem mit der Sanierung der AG befassten. Anfang November 2004 wurde das Insol­venz­ver­fahren über die ‚Kloster Andechs Gastronomie AG' eröffnet. Durch die Insolvenz wurde das Grundkapital der AG in Höhe von € 330.000,00 vernichtet.

Die Klägerin ließ sich die Ansprüche und Forderungen des Insol­venz­ver­walters gegen die Abtei und deren für die insolvente AG handelnde Mitglieder abtreten und verklagte diese daraufhin auf Schadensersatz wegen deren zur Insolvenz der AG führenden Pflicht­ver­let­zungen.

Die 5. Handelskammer erkannte sowohl im Verhalten des Abts als auch des Paters eine Pflicht­ver­letzung in der Funktion des Aufsichts­rats­vor­sit­zenden bzw. Vorstands­mit­glieds. Wäre nämlich rechtzeitig eine Aufsichts­rats­sitzung durchgeführt und dort die für eine Kapitalerhöhung nötigen Beschlüsse gefasst worden, hätte die AG mit den notwendigen liquiden Mitteln versorgt und dadurch die Insolvenz vermieden werden können. Die Einberufung einer solchen Aufsichts­rats­sitzung sei angesichts der Lage der AG die Pflicht des Aufsichtsrats gewesen. All dies sei nicht rechtzeitig geschehen. Der Pater habe seinerseits die ihm als Vorstand obliegende Pflicht verletzt, an Vorstands­sit­zungen teilzunehmen und die notwendigen Beschlüsse zu ermöglichen.

Der Vortrag der Beklagten, wonach es angeblich so oder so nicht zu einer Kapitalerhöhung habe kommen können, wurde nicht näher belegt und konnte daher vor Gericht nicht berücksichtigt werden. Ohne Belang sei - so das Gericht - auch die Frage, ob sich andere Vorstands­mit­glieder eine Pflicht­ver­letzung zu schulden kommen ließen, da dadurch Versäumnisse der Beklagten jedenfalls nicht gerechtfertigt werden könnten.

Keine Verant­wort­lichkeit sah die Kammer bei der Abtei selbst. Diese habe zwar den Abt in den Aufsichtsrat entsandt; eine Haftung für dessen Pflicht­ver­let­zungen treffe die Abtei indes nicht, da der Abt dort als eigen­ver­ant­wort­liches und selbständiges Mitglied des Aufsichtsrats, nicht aber in seiner Funktion als Abt gehandelt habe.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 38/07 des LG München I vom 31.05.2007

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