21.11.2024
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Dokument-Nr. 2311

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Landgericht München I Urteil03.05.2006

Das Kloster Andechs ist wieder Herr seines Namens

Das Landgericht München hat entschieden, dass der klagenden Abtei St. Bonifaz, zu der auch das Kloster Andechs gehört, die Rechte an der Marke "DER ANDECHSER" und an der Unter­neh­mens­kenn­zeichnung "Kloster Andechs Gastronomie AG" alleine zustehen. Die Beklagte, die bis vor kurzem unter dieser Bezeichnung firmierte und im Franchise-System Restaurants unter dem Namen "DER ANDECHSER" betreiben ließ, wurde zur Unterlassung und Leistung von Schadensersatz verurteilt. Gleichzeitig muss sie die Löschung der umstrittenen Marke und der Internet-Domains www.der-andechser.de und www.derandechser.de dulden.

Das Gericht stützt seine Entscheidung auf eine akribische Aufarbeitung der Vorgänge, die zu der Gestattung der Namensnutzung durch die erste "Kloster Andechs Gastronomie AG" führte. Diese später in Insolvenz geratene Gesellschaft hatte auch die Marke "DER ANDECHSER" angemeldet. Das Kloster war an ihr paritätisch beteiligt. Die andere Hälfte der Anteile wurde von einem Ulmer Kaufmann kontrolliert, der später aus der Insolvenzmasse der Gesellschaft heraus beide Kennzei­chen­rechte, um die jetzt gestritten wurde, für die Beklagte erwarb.

Die Kammer kommt in ihrem 59-seitigen Urteil zu dem Ergebnis, dass der Konvent (die Versammlung der Mönche, die das Kloster nach außen vertritt) von Beginn der Zusammenarbeit mit ihrem weltlichen Partner an großen Wert darauf gelegt hatte, die Kontrolle über ihre Namensrechte nicht gänzlich aus der Hand zu geben. Wie das Gericht aufgrund seiner Beweisaufnahme feststellte, überschritt der ehemalige Cellerar des Klosters seine Befugnisse, als er dem Drängen des weltlichen Geschäfts­partners auf Anmeldung einer eigenen Marke für das Gemein­schafts­un­ter­nehmen nachgab. Denn der Konvent war hierüber nicht informiert und erfuhr erst nachträglich von der Eintragung der Marke "DER ANDECHSER", was zu heftigen Ausein­an­der­set­zungen führte. Der weltliche Partner des Klosters hielt in einem späteren Memo daher fest, dass die Marke auf die allein der Abtei gehörende "Klosterbrauerei Andechs AG", die im Prozess als Mitklägerin auftrat, übertragen werden sollte. Hierzu kam es aufgrund sich verschärfender Spannungen nach Wahl eines neuen Abtes und Ausscheiden des früheren Cellerars nicht mehr. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die (nach den einschlägigen Regeln des Kirchenrechts nicht autorisierte) Marken­ein­tragung gegenüber den älteren, auf das Jahr 1455 zurück gehenden, Namensrechten der Abtei keinen Bestand haben konnte und daher nicht von einem eigenen Recht der alten "Kloster Andechs Gastronomie AG", sondern nur von einer Gestattung der Markennutzung durch die Klägerinnen ausgegangen werden kann.

Die Richter beleuchteten auch die Umstände des Erwerbs der Kennzei­chen­rechte aus der Insolvenzmasse und stellten fest, dass die Beklagte bereits vor Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens ohne Beteiligung des Klosters, aber unter Verwendung von dessen Namen als mögliche Auffang­ge­sell­schaft für die insolvente erste "Kloster Andechs Gastronomie AG" gegründet wurde. Am Tag ihrer Eintragung ins Handelsregister und nur zwei Tage nach Eröffnung des Insol­venz­ver­fahrens verkaufte und übertrug der Insol­venz­ver­walter ihr alle immateriellen Vermö­gens­ge­gen­stände, insbesondere die streit­ge­gen­ständ­lichen Kennzei­chen­rechte. Die Pas-siva der insolventen Gesellschaft wurden nicht übernommen. Auch blieb ein bereits drei Wochen zuvor abgegebenes Angebot der Abtei auf Rückkauf der Kennzei­chen­rechte unberück­sichtigt.

Die Kammer verschaffte sich damit für die jetzt vorliegende Haupt­sa­cheent­scheidung einen umfassenden Überblick über die relevanten Vorgänge, der die "eingeschränkten Erkennt­nis­mög­lich­keiten" in dem seinerzeit für die Klageseite erfolglosen Eilverfahren weit übersteigt. Vor diesem, oben geschilderten, Hintergrund erklärte sie die von den Klägerinnen ausgesprochenen Kündigungen der Gestattung der Namensnutzung und der Nutzung der neuen Marke für wirksam: Denn in einer Situation, in der die Klägerinnen mangels Beteiligung an der Beklagten und ihrer Unter­neh­mens­führung keinerlei Einfluss auf die Verwendung der beiden Kennzeichen mehr hatten, war ihnen die Fort-führung der Gestattung nicht länger zumutbar. Das Gericht führte insoweit aus:

"Diese Unzumutbarkeit der Fortführung ergibt sich hier aus der Zusammenschau folgender Gesichtspunkte:

- Der Unter­neh­mens­be­standteil "Kloster Andechs" ist, wie ausgeführt, wertvoller und untrennbar mit den Klägerinnen verbundener Namens­be­standteil, der nunmehr kompen­sa­ti­onslos "in die Hände Dritter" gelangt war.

- Entgegen ursprünglicher Vereinbarung / Geschäfts­grundlage bestand ab 27.10. / 3.11.2004 keinerlei Einfluss der Klägerinnen mehr auf die Geschäfts­politik der neu gegründeten "Kloster Andechs Gastronomie AG".

- Die Art und Weise der Gründung und des (identischen) Namens­recht­s­erwerbs der neuen Auffang­ge­sell­schaft der Beklagten konnten und mussten jedenfalls aus Sicht der Klägerinnen als ein kollusives Zusammenwirken zwischen dem früheren Geschäftsführer bzw. Vorstand der Gemein­schuldnerin, Rainer Staiger, und dem Insol­venz­ver­walter zum jedenfalls kennzei­chen­recht­lichen Nachteil der Klägerinnen angesehen werden, dem keinerlei Kompensation entgegenstand.

- Das Belassen der "Gestattung" hätte die Gefahr der Täuschung Dritter bedeuten können, da die angegriffene Kennzeichnung die Mitwirkung / Einflussnahme der Klägerinnen (wie bisher) auf die Geschäfts­politik der neuen, namen­s­i­den­tischen AG suggeriert. Dies hätte sogar in Extremfällen zu auf Rechtsschein gründende Haftungs­probleme der Klägerinnen führen können."

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 43b/06 des LG München I vom 03.05.2006

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