Dokument-Nr. 2108
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Landgericht München I Urteil21.03.2006
Premiere darf weiterhin exklusiv mit Axel Springer zusammenarbeiten
Der Heinrich Bauer Verlag scheiterte in erster Instanz mit seinem Versuch, aus kartell-rechtlichen Gründen gegen die enge Zusammenarbeit des PayTV-Anbieters Premiere mit dem Axel Springer Verlag vorzugehen. Die Kartellstreitkammer des Landgerichts München I sah zwar Anhaltspunkte für eine Wettbewerbsbeeinträchtigung. Sie wies die Klage jedoch ab, da die Kooperation durch eine Gruppenfreistellungsverordnung der EG erlaubt werde.
Stein des Anstoßes: Die Beklagte hatte im Jahr 2004 ihre eigenen Programmpublikationen "Premiere" und "tv kofler" eingestellt, ihre Zeitschriftsabonnenten an die Axel Springer AG übertragen und sich verpflichtet, zukünftig für 5 Jahre exklusiv deren Pro-grammzeitschrift "TV Digital" zu vertreiben. Seither bekommt jeder Neuabonnent ei-nes PayTV-Paketes der Beklagten zwei Ausgaben von TV Digital gratis und ein Abon-nement hierfür angeboten. Die Beklagte erhält für jeden Abschluss eines Zeitschriftenabonnements Provisionen. Beim Angebot "Premiere komplett" ist ein Abonnement von TV Digital sogar im - vergünstigten - Gesamtpreis enthalten.
Die Klägerin ist der Ansicht, diese Bindung sei der Grund, warum ihre eigene Pro-grammzeitschrift "tv world", die ebenfalls das komplette Pay- und Free-TV-Programm umfasse, trotz geringeren Verkaufspreises am Markt keine Chance habe. Der Zugang zur Kundengruppe der Premiere-Abonnementen sei für alle anderen Marktteilnehmer auf dem Markt für Abo-TV-Programmzeitschriften faktisch abgeschottet. Die Kooperationsabsprache der Beklagten mit dem Axel Springer Verlag sei daher rechtswidrig.
Die Beklagte berief sich darauf, dass ein großer Teil, "ca. 40 %", der Abonnenten von TV Digital gar nicht TV-Abonnenten bei ihr seien. Von ihren Abonnenten hätten zuletzt auch nur ca. 25 % das die Zeitschrift umfassende "Komplett-Paket" gewählt. Die Einbindung in ein solches Paket sei das Einzige, was der Klägerin nicht zur Verfügung stehe (die Klägerin hatte seinerzeit ein vergleichbares Exklusivangebot, wie es der Axel Springer Verlag annahm, abgelehnt); Werbung für ihr Produkt könne die Klägerin dagegen auch im TV-Programm der Beklagten machen und habe dies auch getan. Ihr geschäftli-cher Misserfolg müsse daher andere Ursachen haben.
Die für Kartellstreitigkeiten zuständige 33. Zivilkammer bejahte die Voraussetzungen für eine Gruppenfreistellung nach der EG-Verordnung Nr. 2790/1999 (Vertikal-GVO), da der Anteil der Axel Springer AG am Markt der Fernsehprogrammzeitschriften 30 % nicht übersteige. Entscheidend dabei: Eine Unterteilung dieses Marktes in Zeitschriften für Abo-TV und Free-TV lehnten die Richter ab. Anders als zu Beginn des Bezahlfern-sehens liege insoweit inzwischen ein einheitlicher Markt vor. Zwar seien die Schwerpunkte der einzelnen Programmzeitschriften noch unterschiedlich. Viele Zeitschriften, die vor allem Free-TV-Angebote darstellten, würden aber zumindest auszugsweise Hinweise auf Premiere-Programme oder ganze Supplements zu diesen enthalten; wie auch umgekehrt die primär auf Abo-Programme ausgerichteten Zeitschriften umfangreich das Free-TV-Programm darstellten. Damit seien die Zeitschriften für den Verbraucher vergleichbar und austauschbar, was das wesentliche Kriterium für die Annahme eines einheitlichen Marktes bilde.
Angesichts von 40 % TV-Digital-Abonnenten, die nicht zugleich Premiere abonniert haben, sah die Kammer auch keine auf der Koppelung des Zeitschriftenabos mit dem "Premiere Komplett"-Paketes beruhende wesentliche Einschränkung des Wettbewerbs.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.03.2006
Quelle: Pressemitteilung Nr. 26/06 des des Landgerichts München I vom 21.03.2006
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