23.11.2024
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Dokument-Nr. 185

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Entscheidung21.12.2004Landgericht München I33 O 15954/04
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Landgericht München I Entscheidung21.12.2004

Der TV-Sender Neun Live darf häufige Gewinner bei seinen Telefonspielen ausschließenGewinnen schon - aber nicht zuviel

Gewinne von mehr als 20.000,- € klagte ein eifriger Zuschauer ein, die er innerhalb eines halben Jahres in Fernseh­ge­winn­spielen des Ismaninger Medien­un­ter­nehmens 9 Live Fernsehen GmbH & Co. KG erzielt hatte. Sein Problem dabei: Der Sender hatte ihm zuvor mitgeteilt, dass er – zunächst für 6 Monate – von der Teilnahme an den Gewinnspielen ausgeschlossen sei und ihn gebeten, nicht mehr anzurufen. Denn er habe in der Vergangenheit so häufig und so regelmäßig mitgespielt und gewonnen, dass man ihn vor einem zu hohen Telefon­kos­ten­risiko schützen müsse. Zugleich wolle man technische Manipulationen durch den etwaigen Einsatz sogenannter "Power-Dialer" verhindern und die Chancen­gleichheit aller Zuseher erhalten. Der Kläger ließ sich davon nicht abhalten, sondern spielte und gewann weiter.

Vor Gericht machte er geltend, dass er bei seinen Anrufen keine verbotenen Wählprogramme benutzt habe und den Moderatoren jeweils seinen richtigen Namen mitgeteilt habe. Er sei von diesen in keinem Einzelfall vom Spiel ausgeschlossen worden. Die Beklagte hätte ihn auch nicht durch generelles Schreiben ausschließen dürfen, denn davon stehe nichts in ihren "Mitmachregeln". Seine Erfolge beruhten nur auf seinem überlegenen Wissen. Dies sei lästig für die Beklagte, da diese umso mehr verdiene, je länger die richtige Antwort nicht gefunden werde. Denn solange würden weitere Anrufer versuchen – zu Anrufpreisen von jeweils ,49 € - mit ihrer Antwort in die Sendung zu kommen. Schließlich meinte der Kläger, die Beklagte müsse ihn auch weiterhin zulassen, da in seinem Sendegebiet kein anderer Sender vergleichbare Spiele anbiete.

Die für Kartellrecht zuständige 33. Zivilkammer folgte dieser Argumentation nicht. Sie entschied: Ein Abschlusszwang kann weder aus Kartellrecht, das nur zwischen Unternehmen im geschäftlichen Verkehr gilt, noch aus bürgerlichem Recht hergeleitet werden. Anders als der Bezug von Wasser oder Strom ist "die aktive Teilnahme eines Fernseh­zu­schauers an den Gewinnspielen der Beklagten ... zur Bedarfsdeckung im Rahmen einer normalen Lebensführung eines Durch­schnitts­menschen nicht erforderlich". Die Beklagte konnte die Auslobung zukünftiger Gewinne dem Kläger gegenüber wirksam widerrufen, urteilte die Kammer: "Ein sachlicher Ausschlussgrund setzt insoweit keine besondere moralisch hochstehende Motivation voraus, sondern kann auch in wirtschaft­lichen Interessen der Beklagten begründet sein. Vorliegend dient der Ausschluss häufiger Gewinner der Funkti­o­ns­fä­higkeit des Spielekonzepts der Beklagten. Die auffallend häufige erfolgreiche Teilnahme einzelner Personen führt bei den übrigen Fernseh­zu­schauern, insbesondere bei erfolglos teilnehmenden Anrufern, zu der Vermutung einer nicht vorhandenen Chancen­gleichheit bzw. vorgenommenen Manipulationen und kann in Konsequenz zu einem fühlbaren Teilnah­merü­ckgang führen. Dass die Beklagte als wirtschaft­liches Unternehmen dem entgegen zu wirken versucht, um ihr Spielekonzept aufrecht zu erhalten, stellt einen objektiven und sachlichen Grund ohne diskri­mi­nie­renden Charakter dar."

Der wirksam ausgesprochene Ausschluss wurde auch nicht durch die Tatsache aufgehoben, dass die jeweiligen Moderatoren mit dem Kläger gesprochen hatten. Denn diese sind sich – auch für den Kläger – erkennbar nicht bewusst gewesen, dass sie es mit einem zuvor schriftlich ausge­schlossenem Spielteilnehmer zu tun hatten.

Quelle: Pressemitteilung des LG München I vom 15.02.2005

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