Dokument-Nr. 2553
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Landgericht München I Urteil16.05.2006
Leeren von Telefonkarten über Miet-Kartentelefon zum eigenen Vorteil nicht zulässig
Andere klagen über zu hohe Telefonkosten, dem Kläger konnten die Gebühren nicht hoch genug sein. Er machte sie zur Grundlage eines äußerst lukrativen "Geschäftsmodells", das ihm Gewinne von bis zu 100.000,- € pro Monat bescherte, bis ihm die Beklagte und nun das Landgericht München I ein Ende setzten.
Bei der Beklagten hatte der Kläger, der in München ein Fotogeschäft betreibt, im März ein Miet-Kartentelefon geordert, das er auf den höchst möglichen Tarif von ,45 € pro Takteinheit einstellte. Hiervon erhielt er ca. ,35 € von der Beklagten zurückerstattet. Er verwendete das Gerät dann allerdings nicht, um es seinen Kunden zum Telefonieren zur Verfügung zu stellen, sondern telefonierte damit selbst Restguthaben ab, die auf Telefonkarten noch vorhanden waren. Zu diesem Zweck erwarb er im Laufe des Jahres 2004 in großem Stil - nach eigenen Angaben für mehr als 600.000,- € - von Sammlern Telefonkarten, wobei er im Schnitt etwa den halben Preis der auf den Karten noch vorhandenen Guthaben bezahlen musste. Um seine Einkünfte weiter zu erhöhen, meldete er auf seinen eigenen Namen kostenpflichtige 0190-Nummern an, nicht um dort Dienstleistungen zu betreiben, sondern allein um diese selbst anwählen zu können und die Rückerstattungen zu kassieren. Da bei einem regulären Preis von € 1,86 pro Minute 31 Takte abgebucht werden, die beim Mietgerät des Klägers ,45 € kosteten, konnte er den Minutenpreis so auf 13,95 € steigern, von denen ca. 1,00 € bei der Beklagten und ca. 2,00 € bei dem Provider der 0190-Nummer verblieben. Den Rest von ca. 11,00 € erhielt der Kläger ausgezahlt.
Als die Beklagte diese Art der "Nutzung" nicht mehr dulden wollte und bei dem Telefon des Klägers die Möglichkeit der Anwahl von 0190-Nummern sperrte, stieg der Kläger auf die Anwahl von 01377-Nummern um, bei denen schon bei der Anwahl 16 Tarifeinheiten fällig werden; bei dem erhöhten Grundtarif von ,45 € sind dies 7,20 €, davon 5,60 € für den Kläger, der seinen Umsatz damit allein im November 2004 auf 183.000,- € steigerte. In sehr vielen Fällen kam es dabei durch einen technischen Trick nicht mal zu Abbuchungen von den Telefonkarten, wobei die Parteien darüber streiten, ob der Kläger sich dieses Tricks absichtlich bediente.
Als die Beklagte kündigte, den Anschluss sperrte und das Miettelefon zurückverlangte, zog der Kläger vor Gericht und verlangte die Freischaltung des Telefons. Ohne Erfolg, die Kammer stufte das Verhalten als groben Vertragsmissbrauch ein und gab der Beklagten Recht:
Zweck und Sinn des Telefonkartenvertrages und damit maßgeblicher Vertragsgegenstand ergeben sich aus der Präambel dieses Vertrags (Ziffer 1.). Hierin ist ausdrücklich festgelegt, dass der Kläger als Vertragspartner "ein öffentlich zugängliches Miet-Kartentelefon betreibt", womit er es "seinen Kunden und Gästen ermöglichen möchte, von einem dort eingerichteten Festnetzanschluss gegen von ihm festgesetzte Gebühren zu telefonieren." Dem ist nichts hinzuzufügen. Vertragszweck ist demnach nicht, die Möglichkeit zu bieten, Sammlertelefonkarten "abzutelefonieren" und hierdurch Gewinne von zuletzt weit über € 100.000,00 pro Monat für sich zu erzielen."
Die Unzumutbarkeit der Vertragsfortführung für die Rechtsvorgängerin der Beklagten ergibt sich zum einen durch die geschilderte massive, sich immer weiter steigernde, nahezu ausschließliche vertrags- und zweckwidrige Nutzung des Kartentelefons und, unabhängig von einem Schaden, auch aus Gründen der allgemeinen Abschreckung gegenüber Nachahmern (unstreitig gibt es drei weitere Streitfälle mit ähnlich gelagertem Sachverhalt, wobei sämtliche vier "Vertragspartner" der Rechtsvorgängerin der Beklagten von derselben Rechtsanwaltskanzlei vertreten werden).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 28.07.2006
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 52/06 des LG München I vom 20.06.2006
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