15.11.2024
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Sie sehen eine Szene aus einem Krankenhaus, speziell mit einem OP-Saal und einer Krankenschwester im Vordergrund.

Dokument-Nr. 2960

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Urteil27.07.2006Landgericht München I26 O 19835/05
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Landgericht München I Urteil27.07.2006

Unver­ein­ba­r­keits­re­gelung des Verbandes der Hausärzte ist wirksamVorstand darf nicht zeitgleich bei anderer Ärzte­ver­ei­nigung beauftragt sein

Kein Ärztestreik sondern ein Ärztestreit war Gegenstand eines Verfahrens vor dem Landgericht München I. Kläger waren zwei niedergelassene Hausärzte aus München und Regensburg, die Vorsitzende des Bezirks­ver­bandes Oberpfalz bzw. Oberbayern eines bayernweit organisierten Verbandes von Hausärzten waren und damit "geborene" Mitglieder des Landes­vor­standes des Verbandes. Gleichzeitig waren beide bei der Kassen­ärzt­lichen Vereinigung Bayerns (KVB) unter anderem als Vorstands­be­auf­tragte tätig.

Streitauslösend war eine Satzung­s­än­derung des Verbandes der Hausärzte im Rahmen einer Haupt­ver­sammlung am 22. und 23.07.2005. Dabei wurde in die Satzung eine Unver­ein­ba­r­keits­re­gelung aufgenommen, wonach eine Vorstand­s­tä­tigkeit bei dem Hausärz­te­verband unvereinbar sei mit einer gleichzeitigen Tätigkeit als Vorstands­be­auf­tragter bei der KVB. Unvereinbare Ämter sollten bis 31.10.2005 aufgegeben werden, ansonsten würden Betroffene bis 01.11.2005 aus dem Vorstand des Verbandes der Hausärzte ausscheiden.

Die klagenden Ärzte begehrten nun die Feststellung der Nichtigkeit dieser Satzung­s­än­derung vor dem Landgericht München I, da diese ihrer Ansicht nach nur den Zweck habe, sie als missliebige Vorstands­mit­glieder aus dem Amt zu entfernen. Es würde insoweit in ihre Grundrechte auf Koali­ti­o­ns­freiheit eingegriffen. Neben zahlreichen formellen Mängeln der Satzung­s­än­derung kritisierten sie insbesondere, dass bisher der Verband der Hausärzte mit der KVB zur Vertretung der Hausärzte zusammenwirken sollte, nunmehr aber eine Kampfabsicht gegen die KVB in die Satzung Einfluss gefunden habe. Dies jedoch nur, weil der erste Vorsitzende des Verbandes der Hausärzte als Vorstands­mitglied der KVB abgewählt worden sei und nunmehr deswegen gegen die KVB eingestellt sei.

Der beklagte Verband der Hausärzte vertrat in dem Verfahren die Ansicht, die Satzung­s­än­derung sei als Reaktion auf eine Satzung­s­än­derung der KVB notwendig gewesen. Da die Vorstands­be­auf­tragten der KVB weisungs­ge­bunden seien, könne es zu einem Inter­es­sen­konflikt dieser kommen, wenn sie zeitgleich auch im Vorstand der Beklagten tätig sind. Schließlich werde die Mitgliedschaft in dem Verband der Hausärzte nicht berührt, es werde nur geregelt, wen der Verband als Vorstand haben wolle und wen nicht.

Die 26. Zivilkammer stellte zunächst fest, dass die Formalien der Satzung­s­än­derung eingehalten wurden und folgte auch im Übrigen der Argumentation des Verbandes, dass es im Rahmen der Gestal­tungs­freiheit dem Verband selbst überlassen bleibt, den Zugang zu den Vorstandsämtern zu regeln und von sachgerechten Interessen abhängig zu machen. Da ein Inter­es­sen­konflikt zwischen den Aufgabenfeldern der KVB und des Verbandes denkbar ist erscheint die Unver­ein­ba­r­keits­re­gelung sachgerecht und nicht willkürlich. Auch stellt die Satzung­s­än­derung keine reine gegen die Kläger gerichtete Einzel­fa­ll­maßnahme dar.

Unwirksam allerdings ist nach Ansicht des Gerichts die kurze Überg­angs­re­gelung. Da bei der Wahl der Vorsitzenden der Bezirksverbände die Regelung galt, dass diese "geborene" Mitglieder des Landes­vor­standes sind, werde durch die kurze Überg­angs­re­gelung rückwirkend in die Rechte der Gewählten und der Wähler eingegriffen und praktisch eine außer­or­dentliche Kündigung vollzogen. Hierdurch würden die Grundsätze des Vertrau­ens­schutzes und der Besitz­stands­wahrung in unzulässiger Weise beeinträchtigt.

Mit diesem Urteil dürfen also beide Kläger bis zum Ablauf ihrer Wahlperiode im Jahr 2007 in ihrer Vorstand­s­po­sition bei dem Verband der Hausärzte verbleiben, auch wenn sie als Vorstands­be­auf­tragte der KVB tätig sind.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 66/06 des LG München I vom 05.09.2006

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