Dokument-Nr. 953
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Landgericht München I Urteil27.07.2005
Markante Gesichtszüge als Eigenkapital
Das Landgericht München I hat einem Künstler Recht gegeben, der vom Betreiber einer Event-Gastronomie Auskunft über den Umfang der Werbemaßnahmen unter Verwendung eines Porträtfotos seiner Person verlangt hatte.
Der Kläger war in der Saison 2001/2002 für ca. 6 Wochen bei der Beklagten unter Vertrag und trat in deren Varieté-Zelt mit einer Pantomime als Oberkellner auf. Mit vergleichbaren Auftritten war er bereits zuvor so erfolgreich gewesen, dass er vom Gault Millaut schon zum Oberkellner des Jahres 1995 gewählt worden war. Sein ausdrucksstarkes Gesicht erschien offenbar auch der Beklagten so werbewirksam, dass sie eine während der Engagementzeit entstandene Aufnahme des Klägers noch bis in die Saison 2003/2004 hinein an verschiedenen Standorten des Zeltes für diverse Werbemittel verwendete. Darunter waren auch großformatige Anzeigen in Tageszeitungen und zweiseitige Anzeigen im Programmheft, versehen mit dem Gruß- und Werbetextes eines Hauptsponsors, zu dem der Kläger keinerlei Bezug hatte. Der Kläger hielt dies für rechtswidrig und berief sich darauf, dass er einer solchen Verwendung nie zugestimmt habe. Er verlangte von der Beklagten Auskunft über den genauen Umfang der Verwendung seines Bildes und nach Erteilung der Auskunft die Zahlung einer angemessenen Lizenzgebühr. Dabei verwies er darauf, dass er als Pantomime wesentlich von dem Eindruck lebe, den seine Gesichtszüge beim Publikum machen. Er müsse dabei darauf achten, dass dieser Eindruck sich nicht durch übermäßige öffentliche Präsenz abnutze. Die Beklagte berief sich darauf, dass sich sonst keiner ihrer Künstler beschwert habe. Sie meint, in der Branche sei es üblich, auch in Folgespielzeiten noch mit früher aufgetretenen Künstlern zu werben, um zu zeigen "wer im Zelt bereits aufgetreten ist". Zudem bot sie einen Zeugen dafür auf, dass dem Kläger vor der Aufnahme konkret gesagt wurde, dass mit diesem Bild auch in Zukunft geworben werden soll, und dass der Kläger dem gerne zugestimmt hat.
Der Einzelrichter der für Kunsturheberrecht zuständigen 21. Zivilkammer erklärte den Parteivertretern in der mündlichen Verhandlung, dass weder aus dem Vertrag noch aus der Tatsache, dass andere Künstler Verletzungen ihres Rechts am eigenen Bild nicht beanstandet hätten, auf ein Recht der Beklagten zur Nutzung des Fotos über die Zeitdauer des Engagements hinaus geschlossen werden kann. Eine Nutzungserlaubnis muss konkret vereinbart sein oder sich klar abgrenzbar aus den Umständen bestimmen lassen. Daher kam es auf die Aussage des als Zeugen angebotenen Abendspielleiters an. Bei dessen Vernehmung stellte sich jedoch heraus, dass der Zeuge offenbar völlig ins Blaue hinein angeboten worden war. Weder hatte er mit dem Kläger etwas vereinbart, noch auch nur jemals Kontakt mit ihm gehabt. Wie sich herausstellte, war er in der fraglichen Saison 2001/2002 noch nicht einmal bei der Beklagten beschäftigt.
Da die Beklagte dennoch auf ihrer Ansicht beharrte, sie hätte mit dem Gesicht des Klägers werben dürfen und auch das Vergleichsangebot des Klägers von 4.000,- € für eine endgültige Streitbeilegung nicht annehmen wollte, wurde sie nun per Teilurteil zur umfassenden Auskunft über Größe, Auflage und Verbreitung der Werbeträger mit dem Bild des Klägers sowie über die Dauer der Werbemaßnahmen und die damit verbundenen Kosten und Einnahmen verurteilt. Außerdem muss sie damit rechnen, eine am Umfang der durchgeführten Werbemaßnahmen orientierte angemessene Lizenzgebühr als Schadensersatz bezahlen zu müssen. Das Gericht hatte in einer ersten Einschätzung das Vergleichsangebot des Klägers als "nicht aus der Welt" bezeichnet. Eine genaue Einschätzung kann aber erst erfolgen, wenn die Zahlen vorliegen, über die die Beklagte nun Auskunft geben muss.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.09.2005
Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts München I vom 31.08.2005
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