22.11.2024
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Landgericht München I Urteil15.09.2005

Achtung Abbieger! Bei Verkehrsunfall droht volle Haftung

Fahrer abbiegender Fahrzeuge haften für von ihnen verursachte Verkehrsunfälle grundsätzlich in vollem Umfang.

Am letzten Augustsonntag des Jahres 2003 um die Mittagszeit befuhr der spätere Kläger mit seinem PKW VW die Landstraße zwischen Ottobrunn und Oberhaching. An der Autobahn­auffahrt Unterhaching wollte er von der Landstraße aus nach links in die Autobahn­auffahrt abbiegen. Dabei übersah er den späteren Beklagten, der auf der Gegenfahrbahn auf der Landstraße in Richtung Ottobrunn fuhr. Der Abbiegevorgang war noch nicht vollständig abgeschlossen als es zur Kollision der Fahrzeug kam. Dabei wurde das klägerische Fahrzeug am Heck rechts, das Beklag­ten­fahrzeug vorne rechts beschädigt.

Der Kläger war der Auffassung, dass der Beklagte mindestens zu 30 % an dem Unfall Mitschuld trage und sich daher mit dieser Quote (€ 1.129,60) an dem ihm entstandenen Schaden beteiligen müsse. Zu dem Unfall sei es nämlich auch deshalb gekommen, da der Beklagte sein Fahrzeug zunächst nach links gesteuert habe und dann plötzlich wieder nach rechts. Wäre der Beklagte links geblieben, wäre es zu dem Unfall nicht gekommen.

Sowohl der Beklagte als auch seine Versicherung lehnten eine Beteiligung an dem Schaden des Klägers ab. So kam der Fall vor das Amtsgericht München.

Der zuständige Richter wies die Klage in vollem Umfang ab. Zunächst wurde eine unbeteiligte Zeugin vernommen, die bestätigte, dass der Beklagte zunächst nach links und dann nach rechts gelenkt habe. Die Zeugin hat dabei bekundet, dass es nach ihrer Einschätzung nicht zum Unfall gekommen wäre, wenn der Beklagte nach der ersten Lenkbewegung nach links einfach geradeaus weitergefahren wäre.

Auch diese Aussage bewog das Gericht jedoch nicht dazu, einen Verur­sa­chungs­beitrag bei dem Beklagten anzunehmen: Bei einer Kollision mit dem geradeaus fahrenden Gegenverkehr - so die Ausführungen in dem Urteil - haftet der Linksabbieger nach ständiger Rechtssprechung grundsätzlich alleine. Auch im vorliegenden Fall sei hiervon keine Ausnahme zu machen. Zwar stelle sich der Unfall für den Beklagten nicht als unabwendbares Ereignis dar, da die beiden Lenkbewegungen, insbesondere die zweite nach rechts, nicht der Fahrweise eines "Idealfahrers" entsprochen hätten. Gleichwohl könne der Kläger keinen - auch keinen anteiligen - Ausgleichs seines Schadens verlangen; sein Verur­sa­chungs­anteil an dem Unfall überwiege so stark, dass der Verur­sa­chungs­beitrag des Beklagten dem gegenüber zurücktreten müsse. Dessen Lenkbewegungen mögen unglücklich gewesen sein; sie wurden allerdings provoziert durch das grob sorgfalts­widrige Abbiegen des Klägers.

Mit dieser Entscheidung fand sich der Kläger nicht ab und legte Berufung zum Landgericht München I ein. Die zuständige Kammer schloss sich jedoch den Ausführungen des Amtsrichters an. Zur Ergänzung wurde in dem landge­richt­lichen Urteil ausgeführt: "Selbst wenn das Ausweichen des Beklagten nach rechts sich im nachhinein als falsch erwiesen hat, liegt keine vorwerfbare Fehlreaktion vor. Im *brigen ist die Vorfahrts­ver­letzung des Klägers dermaßen grob verkehrswidrig, dass eine eventuelle Mithaftung des Beklagten dahinter zurücktritt."

Das Urteil ist damit rechtskräftig.

Urteil des Amtsgerichts München vom 13.04.2005; Aktenzeichen: 341 C 36771/04

Urteil des Landgerichts München I vom 15.09.2005; Aktenzeichen: 19 S 9250/05.

Quelle: Pressemitteilung des AG München vom 07.11.2005

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