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Landgericht München I Urteil07.09.2005
Rauer Ton beim Zoll ist noch kein Mobbing
Das Landgericht München I hat die Klage eines Zöllners auf Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen Mobbing und Verletzung der Fürsorgepflicht aus Amtshaftung abgewiesen.
Der Kläger war seit 1988 im gehobenen Dienst Betriebsprüfer im Hauptzollamt in München. Vorgesetzte Fachdienststelle war bis 1998 die Oberfinanzdirektion München, danach die Oberfinanzdirektion Nürnberg – Außenstelle München. Ab 01.02.2000 war vorgesetzte Behörde das Fachreferat für Außenwirtschaftsrecht in Nürnberg. Der Kläger fühlte sich durch den dortigen Regierungsdirektor schikanös behandelt und gemobbt. Er habe unter den Vorgaben der Oberfinanzdirektion Nürnberg gelitten, was zu einer psychischen Erkrankung und letztlich zu seiner Versetzung in den Ruhestand geführt habe. Der Kläger beanstandete insbesondere zahlreiche Äußerungen des vorgesetzten Regierungsdirektors als diskriminierend und beleidigend.
Dieser legte beispielsweise im Rahmen einer Dienstbesprechung im März 2000, an der auch der Kläger teilnahm, seine Vorstellungen zur Vornahme von Prüfungen durch das Hauptzollamt München mit drastischen Formulierungen dar. U.a. äußerte er, Bußgelder seien ein Spiegelbild der Effizienz. "Der Prüfer treibt das Wild dem Wolfsrudel, der Oberfinanzdirektion, aus dem Wald zur Aburteilung zu. … Ich brauche schnelle Schüsse auf großes kapitales Wild …". Der rabiate Regierungsdirektor wurde außerdem mit folgenden Äußerungen zitiert, die allerdings nicht gegenüber dem Kläger persönlich fielen: "Es herrscht kein Ton wie unter Klosterschwestern. … In München gab es nur eine Bußgeldvereitelungspraxis. … Wir hier in Nürnberg haben gewürgt und geschlachtet, in München wurden nur Orden verteilt." "Ich kann nicht verstehen, warum Ihre Prüfer nicht noch einmal in die Firma zum Nachermitteln wollen. Entweder haben sie sich bereits beim ersten Mal schon bis auf die Knochen blamiert oder sie haben sämtliche Jungfrauen in der Firma geschwängert." "Die Berichte ihrer Prüfer müssen schmerzhaft kurz sein. Zack, zack, zack, bäng, bäng, bäng. … Ihre Prüfer sitzen den ganzen Tag bei der Firma im Casino mit einer Sekretärin auf dem Schoß. … Ihre Prüfer müssen den Firmen muskelmäßig in den Arsch treten. … Gute Jagd und fette Beute."
In der Zeit vom 01.02.2000 bis 31.12.2001 erhielt der Kläger insgesamt 4 Nachermittlungsersuchen zu den von ihm verfassten Prüfungsberichten. In einem Fragebogen zum Zwecke der Steigerung der Erledigungsrate wurde der Kläger im Februar 2001 nach Gründen für die bislang nicht zufrieden stellende Erledigungsrate befragt und wie man sie verbessern könnte. Seine dienstliche Beurteilung fiel schlechter aus als die Vorbeurteilung aus dem Jahre 1998. Dieses Vorgehen kritisierte der Kläger als schikanös.
Die 15. für Amtshaftungsverfahren zuständige Zivilkammer des Landgerichts München I vermochte trotz des rauen Tons ein "Mobbing" des Klägers durch seine Vorgesetzten nicht festzustellen. "Mobbing" durch einen Vorgesetzten sei der Missbrauch der hervorgehobenen Amtsstellung in einer im Einzelfall mehr oder weniger auf einen konkreten dienstlichen Anlass bezogenen Art und Weise, um einen Untergebenen systematisch und fortgesetzt zu beleidigen, zu schikanieren und zu diskriminieren.
Erforderlich sei eine fortgesetzte, aufeinander aufbauende und ineinander übergreifende, der Anfeindung, Schikane oder Diskriminierung dienende Verhaltensweise, die in ihrer Gesamtheit das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die Ehre oder die Gesundheit des Betroffenen verletzen. Die Darstellung des Klägers lasse ein "Mobbing" im Sinne einer systematischen Schikane, Diskriminierung oder Beleidigung nicht erkennen. Die dem Kläger erteilten Nachermittlungsersuchen seien weder rechtswidrig noch unvertretbar. Sie entsprächen dem hierarchischen Verwaltungsaufbau mit Aufsichtskompetenzen im deutschen Behördensystem. Die angegriffenen Äußerungen des Nürnberger Regierungsdirektors hätten sich nicht an den Kläger alleine, sondern an alle Prüfer des Hauptzollamts München gerichtet. Mit plakativen Worten habe der Vorgesetzte auf eine gewünschte Änderung der Verwaltungspraxis hinwirken wollen. Eine schikanöse Tendenz gegenüber dem Kläger konnte das Gericht aus den harschen Worten nicht herauslesen, wenn es auch die wiedergegebenen Äußerungen zum Teil geschmacklos fand. Der Kläger habe nicht ausreichend dargelegt, warum seine Angst vor Anordnungen der Nürnberger Behörde durch schikanöse Maßnahmen hervorgerufen sei. Der dem Kläger ausgehändigte Fragebogen zur Verbesserung der Effizienz seiner Arbeit sei in der öffentlichen Verwaltung üblich. Für eine Fehlerhaftigkeit der dienstlichen Beurteilung sah das Gericht keine Anhaltspunkte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 12.10.2005
Quelle: Pressemitteilung des Landgerichts München I vom 27.09.2005
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