18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.

Dokument-Nr. 9986

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Landgericht Köln Urteil16.03.2010

Stadtarchiv-Einsturz: Stadt Köln ist gegenüber Leihgebern nicht schaden­s­er­satz­pflichtigStadt kann kein fahrlässiges Handeln vorgeworfen werden

Die Stadt Köln ist gegenüber Leihgebern, die dem Stadtarchiv Materialien in Verwahrung gegeben hatten, nach dem Einsturz des Archivs nicht schaden­s­e­ratz­pflichtig. Auch zur Herausgabe des Archivguts ist die Stadt nicht verpflichtet. Dies entschied das Landgericht Köln.

Die klagenden Leihgeber des zugrunde liegenden Falls waren der Auffassung, die Beklagte habe die ihr als Verwahrerin obliegenden Obhutspflichten vernachlässigt. Aufgrund vielfacher Anzeichen (Schäden am Stadtarchiv und benachbarten Gebäuden) habe man mit einer Katastrophe wie dem Einsturz des Gebäudes am 3. März 2009 rechnen müssen, wie auch eine Äußerung der Archivleiterin vom 11. März 2009 belege. Im Februar 2009 hätte, so die Kläger, das Objekt geräumt werden müssen. Die Verwah­rungs­verträge seien gekündigt, deswegen müssten die noch vorhandenen Bestände an die Kläger herausgegeben bzw. (im Fall 5 O 299/09) umgehend für Auswertungs- und Forschungs­zwecke zugänglich gemacht werden.

Stadt war mangels Zweifel an Standsicherheit des Gebäudes nicht zur Auslagerung des Archivgut verpflichtet

Das Landgericht hat, der Argumentation der Beklagten folgend, eine Pflicht­ver­letzung der Stadt verneint. Fahrlässiges Handeln sei nicht gegeben, weil keine Auffälligkeiten vorlagen, die bei den Verant­wor­tungs­trägern der Stadt Zweifel an der Standsicherheit des Gebäudes hätten aufkommen lassen müssen. Dementsprechend war, so das Gericht, die Stadt nicht verpflichtet, Archivgut auszulagern oder die Leihgeber über Gefahren zu informieren.

Mehrfache Untersuchungen zeigen keine Mängel an Standfestigkeit des Gebäudes auf

Das Gericht verweist auf vor Beginn des U-Bahn-Baus im Jahr 2004 durchgeführte Untersuchungen, die während des U-Bahn-Schild­vor­triebes im Jahr 2007 sowie noch am 5. Februar 2009 vorgenommenen Untersuchungen und Messungen, die zu dem Ergebnis gelangten, dass alle vorhandenen Setzungen innerhalb der Norm lagen und die Standsicherheit des Gebäudes nicht gefährdet war. Zu dem gleichen Ergebnis gelangte eine von der Gebäu­de­wirt­schaft der Stadt Köln im April 2008 durchgeführte Jahresbegehung – ebenso wie Untersuchungen durch die Ingenieurbüros Zorn und Varevics, die veranlasst worden waren, nachdem im November 2008 erstmals Risse am Gebäude sowie Mörte­lab­plat­zungen aufgetreten waren.

Hinweis der Archivleiterin auf renovie­rungs­be­dürftigen Zustand des Objektes steht nicht im Zusammenhang mit Beurteilung der Standsicherheit

Auch dem von den Klägern erwähnten Zeitungs­in­terview der Archivleiterin vom 11. März 2009 sei, so die Richter, nicht zu entnehmen, dass diese von einer konkreten Einsturzgefahr vor dem 3. März 2009 ausgegangen sei. Die Archivleiterin habe darauf hingewiesen, dass es nach dem vorliegenden Gutachten keine gravierenden statischen Mängel gab. Sie sei deshalb von einer Standsicherheit ausgegangen. Dass die Archivleiterin den renovie­rungs­be­dürftigen Zustand des Objektes betont habe, habe mit der Frage ihrer Beurteilung der Standsicherheit nichts zu tun.

Schaden­s­er­satz­an­spruch unbegründet

Soweit es, dem Vortrag der Kläger entsprechend, keinen Evaku­ie­rungsplan, keinen Notfallplan und im Hinblick auf den U-Bahn-Bau auch keinen Sicherheitsplan gegeben habe, sei dieser Aspekt nicht geeignet, einen Schaden­s­er­satz­an­spruch zu begründen, weil diese Umstände die Schäden nicht verursacht hätten.

Herausgabe des Archivmaterials derzeit nicht zumutbar

Auch ein Herausgabe- bzw. Bereit­stel­lungs­an­spruch ist nach Auffassung der Richter derzeit nicht gegeben, unabhängig von der Frage, ob die Verwah­rungs­verträge wirksam gekündigt worden sind. Angesichts der Gesamtumstände zur Bergung, Sichtung und Restaurierung des Archivmaterials sowie des damit verbundenen Zeit- und Kostenaufwands sei der Beklagten eine Herausgabe des Archivmaterials an die Klägerseite, auch unter Berück­sich­tigung von deren Interesse am Archivmaterial, derzeit nicht zumutbar.

Quelle: ra-online, Landgericht Köln

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