21.11.2024
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Landgericht Köln Urteil28.07.2016

Erstellung eines Strafurteils durch Kopieren der Anklageschrift, des Sitzungs­pro­tokolls und eines Schriftsatzes des Verteidigers begründet Aufhebung des UrteilsFassung eines solchen Scheinurteils grenzt an Straf­ver­ei­telung im Amt sowie Rechtsbeugung

Erstellt ein Strafrichter sein Urteil dadurch, dass er nach dem Tenor lediglich eine Kopie der Anklageschrift, des Sitzungs­pro­tokolls und eines Schriftsatzes des Verteidigers anfügt, grenzt dies an eine Strafbarkeit wegen Straf­ver­ei­telung im Amt sowie Rechtsbeugung. Ein solches Scheinurteil ist daher aufzuheben. Dies geht aus einer Entscheidung des Landgerichts Köln hervor.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Im Juli 2013 fuhr ein erheblich alkoholisierter und unter akuter Einwirkung von Haschisch stehender 49-jähriger Mann auf einen Bahnhofs­pa­rkplatz in Köln. Trotz seines Vollrausches gelang es ihm, das Fahrzeug ohne Ausfa­l­l­er­schei­nungen zu steuern. Auf dem Parkplatz fand zu dieser Zeit die Geburts­tagsfeier eines 16-Jährigen statt. Der Mann wollte an der Feier unbedingt teilnehmen. Dies stieß aber bei den jugendlichen Partygästen nicht auf Gegenliebe. Sie wiesen ihn daher ab. Der Mann fühlte sich dadurch so sehr verletzt, dass er sein Fahrzeug startete und damit die Partygäste über den Parkplatz jagte. Diese konnten sich zum Glück hinter einem parkenden Fiat verschanzen. Bis auf einen Innenbandriss mit knöchernem Ausriss bei einem der Gäste und der erheblichen Beschädigung des Fiat blieb die Tat des 49-Jährigen ohne Folgen. Der Polizei gelang es nachfolgend den Mann festzunehmen. Bei der angeordneten Blutentnahme zur Feststellung der Bluta­l­ko­hol­kon­zen­tration wehrte sich der Mann so sehr, dass es vier Polizeibeamte brauchte, um ihn zu bändigen. Gegen den Mann wurde schließlich Anklage erhoben.

Amtsgericht bejaht Strafbarkeit wegen fahrlässigen Vollrauchs

Das Amtsgericht Köln hielt den Angeklagten wegen fahrlässigen Vollrauschs für schuldig und verurteilte ihn daher zu einer Geldstrafe von 90 Tagessätzen zu je 40 Euro. Zur Begründung seiner Entscheidung fügte der zuständige Richter jedoch nur eine Kopie der Anklageschrift, des Sitzungs­pro­tokolls einschließlich sämtlicher Streichungen und ein Schriftsatz des Verteidigers an. Gegen die Entscheidung des Amtsgerichts legte die Staats­an­walt­schaft Berufung ein.

Landgericht wertete Urteil des Amtsgerichts als "Scheinurteil"

Das Landgericht Köln entschied weitestgehend zu Gunsten der Staats­an­walt­schaft und hob daher die Entscheidung des Amtsgerichts auf. Nach Ansicht des Landgerichts habe es sich bei der Entscheidung des Amtsgerichts nicht um ein auch nur ansatzweise nach Maßgabe des § 267 StPO begründetes Urteil gehandelt, sondern um eine "Frechheit". Das Vorgehen des Erstrichters sei nicht nur dem Angeklagten und dem Geschädigten sowie den Besonderheiten der abzuurteilenden Tat, sondern auch und gerade dem Straf­ver­fol­gungs­in­teresse der Allgemeinheit in keiner Weise mehr gerecht geworden. Die Fassung eines solchen "Scheinurteils" sei auch vor dem Hintergrund der hohen Arbeits­be­lastung der Amtsgerichte unerklärlich und grenze an eine Strafbarkeit wegen Straf­ver­ei­telung im Amt (§ 258 a StGB) sowie Rechtsbeugung (§ 339 StGB).

Inhaltlich grob fehlerhafte Entscheidung

Nach Auffassung des Landgerichts sei die Entscheidung des Amtsgerichts zudem inhaltlich grob fehlerhaft gewesen. Der Angeklagte habe sich aufgrund des Geschehens auf dem Parkplatz wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr, gefährlicher Körper­ver­letzung, Sachbeschädigung, sowie fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr und aufgrund des Geschehens bei der Bauabnahme wegen vorsätzlichen Vollrausches strafbar gemacht. Der Angeklagte sei bei der ersten Tat vermindert schuldfähig im Sinne von § 21 StGB und bei der zweiten Tat schuldunfähig im Sinne von § 20 StGB gewesen.

Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat auf Bewährung

Das Landgericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und einem Monat. Zu Gunsten des Angeklagten wertete das Gericht, dass der Angeklagte bisher nicht straffällig in Erscheinung getreten war, er die Tat bedauerte, die Verletzungen des Geschädigten folgenlos ausgeheilt sind und keine psychischen Beein­träch­ti­gungen bei den jugendlichen Partygästen verblieben sind. Straf­ver­schärfend berücksichtigte das Gericht aber, dass das Vorgehen des Angeklagten höchst gefährlich war. Da der Angeklagte in geordneten persönlichen und sozialen Verhältnisse lebte, weiterhin als Berufs­kraft­fahrer tätig war und nicht erneut strafrechtlich in Erscheinung getreten ist, setzte das Gericht die Strafe auf Bewährung aus und entzog ihm auch nicht die Fahrerlaubnis. Dabei ließ das Gericht nicht unberück­sichtigt, dass er die Verantwortung für seine Tat übernommen hat und er erheblichen Regress­ansprüchen von Versi­che­rungs­ge­sell­schaften ausgesetzt war.

Quelle: Landgericht Köln, ra-online (vt/rb)

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