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Dokument-Nr. 34681

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Landgericht Koblenz Urteil18.12.2024

Bonus­ver­ein­barung zwischen Rechtsanwalt und Mandant bedarf der TextformZur Zusatzvergütung eines Rechtsanwalts nach Abschluss des Mandats

Möchte ein Rechtsanwalt von seinem Mandanten nach erfolgreichem Abschluss eines Mandats eine zusätzliche freiwillige Bonuszahlung von diesem, so muss eine solche Bonuszahlung schriftlich vereinbart werden. Laut Landgericht Koblenz folge dies aus § 3 a Rechts­an­walts­ver­gü­tungs­gesetz.

Die Klägerin wurde durch die beklagte Rechts­an­walts­kanzlei außer­ge­richtlich in einer Schadens- und Schmer­zens­geldsache vertreten. Bei Mandat­s­er­teilung schlossen die Parteien eine weitere schriftliche Vereinbarung die mit „Zusatz­ver­ein­barung zur anwaltlichen Vergütung“ überschrieben war. Darin hieß es unter anderem: „Die Parteien sind sich einig, dass im Falle des Erfolgs, die Frage einer zusätzlichen, über die gesetzliche Regelung hinausgehenden Vergütung noch einmal besprochen wird.“

Im Rahmen der außer­ge­richt­lichen Verhandlungen schloss die Beklagte für die Klägerin einen Vergleich ab, nach dem die Klägerin 150.000 € erhalten sollte. Diese Summe wurde von der Gegenseite gezahlt und ging auf dem Konto der Beklagten ein. Nach Zahlungseingang kam es zu einem Telefonat zwischen der Klägerin und der Beklagten, in dem über die Zahlung einer freiwilligen zusätzlichen Vergütung gesprochen wurde, wobei jedoch der genaue Inhalt des Gesprächs zwischen den Parteien streitig war. Die Beklagte stellte der Klägerin sodann eine „Erfolgs­u­n­ab­hängige Vergütung, Vergü­tungs­ver­ein­barung § 3 a RVG, §§ 4, 3a RVG“ über einen Betrag in Höhe von 20.000 € zuzüglich 19 % Mehrwertsteuer, insgesamt somit 23.800 € in Rechnung. In einer Textnachricht an die Klägerin vom gleichen Tag bedankte sich die Beklagte für die „entge­gen­kommende und anerkennende Zahlung der zwischen uns besprochenen Zusatzvergütung von 20.000 € netto“ und erteilte Abrechnung. Dabei zog sie von den erhaltenen 150.000 € Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 23.800 € ab. Den danach verbleibenden Zahlbetrag in Höhe von 126.200 € kehrte die Beklagte sodann an die Klägerin aus. In der Folgezeit forderte die Klägerin erfolglos von der Beklagten auch die Überweisung der restlichen 23.800 €.

Die Klägerin war der Auffassung, dass keine wirksame Vertrags­grundlage für den Abzug von 23.800 € vorgelegen habe und machte diesen Betrag nebst Zinsen in dem vorliegenden Verfahren geltend.

Die Beklagte behauptete, dass die Parteien in dem Telefonat eine keinerlei Formvor­schriften unterliegende Bonus­ver­ein­barung getroffen hätten. Die Klägerin habe Kenntnis davon gehabt, dass die Beklagten keinen Rechtsanspruch auf eine Bonuszahlung habe und sich trotzdem mit einer solchen in Höhe von 10 % der Gesam­tent­schä­digung einverstanden erklärt. Es sei auch vereinbart worden, dass diese Bonuszahlung durch entsprechende Einbehaltung der eingegangenen Entschädigung erfolgen sollte. Die vereinbarte Bonus­ver­ein­barung stelle weder eine Erfolgs­ver­ein­barung noch eine Gebühren- oder Vergü­tungs­ver­ein­barung i. S. d. § 3 a RVG dar. Wenn sich die Klägerin, wie erfolgt, bei völliger Transparenz entscheide, einen Bonus zu bezahlen, verstoße es zudem gegen Treu und Glauben, sich auf eine fehlende Textform zu berufen.

Die Entscheidung

Die 15. Zivilkammer hat der Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung verurteilt.

Die Klägerin habe einen Anspruch auf Auszahlung der übrigen 23.800 €, weil die von der Beklagten behauptete Vereinbarung aufgrund eines Verstoßes gegen die Formvorschrift des § 3 a RVG nicht formwirksam zustande gekommen sei.

Zunächst sei festzustellen, dass keine Schenkung vorliege, weil die Verknüpfung mit einer Gegen­leis­tungs­pflicht auch noch durch nachträgliche Gewährung einer Vergütung für eine Leistung erfolgen könne, die ursprünglich ohne Anspruch auf dieses Entgelt erbracht worden ist. Der von der Beklagten geltend gemachte Vergütungsanspruch stelle auch kein Erfolgshonorar dar, weil keine Vergütung vereinbart worden sei, deren Entstehen von einer aufschiebenden Bedingung (§ 158 BGB) eines – je nach Einzelfall näher definierten – Erfolges der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gewesen sei.

Die Kammer hat es jedoch aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme als erwiesen angesehen, dass die Parteien telefonisch eine Vereinbarung über die Gewährung einer zusätzlichen Vergütung in Höhe von 23.800 € zugunsten der Beklagten getroffen haben. Bei dieser handele es sich um eine dem § 3 a RVG unterfallende Vergütung.

Bereits dem Wortlaut und Wortsinn nach liege eine Vergü­tungs­ver­ein­barung vor, da mit dieser Vereinbarung die Beklagte für ihre erbrachte anwaltliche Tätigkeit (wenn auch zusätzlich) entlohnt, mithin vergütet werden sollte. Die Beklagte habe selbst in der von ihr vorformulierten „Zusatz­ver­ein­barung zur anwaltlichen Vergütung“, in mehreren Textnachrichten und der Kostenrechnung stets das Wort „Vergütung“ aufgeführt. Zudem verwende das Gesetz den Begriff „Vergü­tungs­ver­ein­barung“ dann, wenn eine höhere oder eine niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung zwischen Anwalt und Mandant vereinbart werden soll. Somit gelte der § 3 a RVG, wovon die Beklagte im Übrigen wohl selbst ausgegangen sei, denn mit ihrer Kostenrechnung habe sie eine „Erfolgs­u­n­ab­hängige Vergütung, Vergü­tungs­ver­ein­barung § 3 a RVG, §§ 4, 3a RVG“ in Rechnung gestellt.

Für die abgeschlossene Vereinbarung gelte somit das Formerfordernis der Textform, wovon auch entgegen der Ansicht der Beklagten nicht abgewichen werden könne. Der vereinzelt in der Literatur vertretenen Auffassung, dass es ohne Einhaltung von irgendwelchen Formalien möglich sein müsse, mit dem Mandanten nach Abschluss des Mandats einen wie auch im-mer gestalteten Zuschlag oder Bonus zu vereinbaren, vermochte sich die Kammer nicht anzuschließen. Die unter­schiedliche Situation zu Beginn und nach Abschluss des Mandats vermöge ein Abweichen von der Formvorschrift nicht zu begründen. Die Schutz­be­dürf­tigkeit des Mandanten möge zwar nach Abschluss des Mandats geringer sein, sie entfalle jedoch aufgrund der grundsätzlich überlegenden Erfahrung des Rechtsanwalts bei solchen Verhandlungen nicht vollständig. Zudem könne bei einer solchen Verhandlung auch ein gewisser Zwang entstehen, wenn – wie auch vorliegend – neben der Betonung der Freiwilligkeit einer solchen zusätzlichen Vergütung, zugleich auch darauf abgestellt werde, dass man sich darauf verlasse, dass der Mandant zu seinem Wort stehe.

Auch vor dem Hintergrund des mit der Textform einhergehenden Schutzzwecks (Warnfunktion) und der Beweisfunktion sah die Kammer keine Veranlassung, von dem Erfordernis der Textform abzuweichen.

Die Klägerin verstoße auch dadurch, dass sie sich auf die Formun­wirk­samkeit beruft, nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Der Formmangel eines Rechtsgeschäfts sei nur ganz ausnahmsweise wegen unzulässiger Rechtsausübung unbeachtlich, weil sonst die Formvor­schriften des bürgerlichen Rechts ausgehöhlt würden. Eine solche Ausnahme liege jedoch nicht vor. Die Klägerin habe weder die Beklagten schuldhaft von der Einhaltung der Schriftform abgehalten, noch nach Abschluss der Vereinbarung, auf deren Formun­wirk­samkeit sie sich beruft, Vorteile aus dem Vertrag gezogen oder durch ein Handeln ein berechtigtes Vertrauen der Beklagten auf die Wirksamkeit des Vertrages begründet, aufgrund dessen die Beklagten irgendeine Leistung erbracht hätte.

Aufgrund des Verstoßes gegen die Textform könne somit die Beklagte gem. § 4 b RVG keine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern. Da die gesetzliche Vergütung, die Geschäftsgebühr, bereits an die Beklagte bezahlt worden sei, bestehe ein darüber hinausgehender Vergü­tungs­an­spruch, mit dem die Beklagte gegen den unstreitigen Auszah­lungs­an­spruch hätte aufrechnen können, nicht.

Die Beklagte sei daher gem. §§ 675, 667 BGB zur Herausgabe des einbehaltenen Fremdgeldes in Höhe von 23.800 € verpflichtet.

Quelle: Landgericht Koblenz, ra-online (pm/pt)

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