15.11.2024
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Dokument-Nr. 29105

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Beschluss09.07.2019Landgericht Koblenz13S 13/19
Vorinstanz:
  • Amtsgericht Westerburg, Urteil14.03.2019, 24 C 337/17
ergänzende Informationen

Landgericht Koblenz Beschluss09.07.2019

Kreuzfahrt: Schadenersatz für nach auskurierter Krankheit nicht wieder an Bord gelassenen Passagier81-jähriger zu Unrecht nicht an Bord gelassen

Ein 81-jähriger Passagier, der für vier Tage ein Kreuz­fahrt­schiff zur Behandlung einer Lunge­n­er­krankung verlassen hat und nach der Behandlung zu Unrecht nicht wieder an Bord gelassen wird, hat Anspruch auf Schadenersatz. Dies hat das Landgericht Koblenz entschieden.

Ein 81-jähriger Mann, der Kläger, buchte zusammen mit einer Begleiterin im März 2017eine Kreuzfahrt von Singapur nach Barcelona. Nach Antritt der Reise erkrankte der Kläger in Penang an einer Lungenerkrankung (COPD). Diese Erkrankung musste vier Tage auf einer Intensivstation in einem Krankenhaus in Penang behandelt werden. Anschließend flog der Kläger zusammen mit seiner Begleiterin dem Kreuzfahrtschiff nach Mumbai nach, um wieder an Bord zu gelangen und die Reise fortzusetzen. In Mumbai wurde ihm jedoch von dem anwesenden Schiffsarzt der Zutritt zu dem Kreuz­fahrt­schiff wegen einer zwischen­zeitlich an Bordauf­ge­tretenen Influ­en­zae­r­krankung unter Hinweis auf gesundheitliche Risiken bei dem Kläger verweigert. Dem Kläger blieb nichts Anderes übrig, als die Heimreise anzutreten. Nunmehr verlangt der Kläger für sich selbst und aus abgetretenem Recht für seine Begleiterin von der Reise­ver­an­stalterin mit Sitz in Kroppach (Westerwald) Schadensersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit.

Amtsgericht spricht dem Passagier Schadenersatz zu

Das Amtsgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben und die beklagte Reise­ver­an­stalterin zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1275,70 € verurteilt. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung und begehrt Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts sowie Abweisung der Klage.

Landgericht bestätigt die amtsge­richtliche Entscheidung

Der Auffassung des Amtsgerichts hat sich das Landgericht Koblenz in seinem Hinweis­be­schluss vom 9. Juli 2019 angeschlossen, woraufhin die beklagte Reise­ver­an­stalterin die Berufung zurückgenommen hat.

Passagier war nach Kranken­haus­auf­enthalt wieder genesen

Nach den Feststellungen des Landgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 651 f Abs. 2 BGB in der zum Zeitpunkt des Schaden­s­ein­tritts geltenden Fassung zu. Danach ist dem Kläger durch den Schiffsarzt die Weiterreise zu Unrecht untersagt worden. Nach einem gerichtlich eingeholten medizinischen Sachver­stän­di­gen­gut­achten war der Kläger nämlich nach Entlassung aus dem Krankenhaus vollständig genesen.

Die Gefahr einer Ansteckung mit der an Bord ausgebrochenen Influenza war nicht größer, als bei anderen Passagieren auch. Hinzu kommt, dass der Kläger eine Grippe­schutz­impfung hatte. Die insoweit fehlerhafte Einschätzung des Schiffsarztes, den Kläger nicht wieder an Bord zu lassen, ist der Reise­ver­an­stalterin zuzurechnen. Der Schiffsarzt hat im konkreten Fall nämlich stellvertretend für den Kapitän des Schiffes das Verbot ausgesprochen.

Abhilfe war dem Kläger zeitlich nicht möglich

Anders als grundsätzlich im Reise­ver­tragsrecht vorgesehen, war der Kläger auch nicht gehalten, die Beklagte vor Antritt der Rückreise um Abhilfe zu bitten. Eine Abhilfe wäre der Beklagten faktisch nämlich nicht möglich gewesen. Unstreitig hatte die Beklagte vor Ort in Mumbai sowie auf dem Kreuz­fahrt­schiff keinen Ansprechpartner. Zudem bestand für den Kläger angesichts der nur einige Stunden dauernden Liegezeit des Schiffes im Hafen und einer zusätzlich bestehenden Zeitver­schiebung von 4 ½ Stunden nur ein relativ kleines Zeitfenster für eine Kontaktaufnahme mit der Beklagten. Keinesfalls hätte jedenfalls für den Kläger die Zeit gereicht, ein Gesund­heits­zeugnis eines ortsansässigen Arztes beizubringen, um seine Reisefähigkeit zu bestätigen. Nicht zumutbar wäre für den Kläger gewesen, dem Kreuz­fahrt­schiff erneut nachzureisen, um zu einem späteren Zeitpunkt wieder an Bord zu können. Dem Kläger steht deshalb eine angemessene Entschädigung in Geld zu. Das gleiche gilt für die Begleiterin des Klägers, der nicht zuzumuten war, die Reise ohne den Kläger alleine fortzusetzen. Der Höhe nach orientiert sich der Schaden­s­er­satz­an­spruch nach der Grund­sat­z­ent­scheidung des Bundes­ge­richtshofes (sogenannte Malediven-Entscheidung, Urteil vom 11. Januar 2005 zu Aktenzeichen X ZR 118/03) am Reisepreis. Dabei ist für voll entgangene Reisetage eine Entschädigung von 50 % des Reisepreises angemessen, für den Tag des Eintreffens sowie den Abreisetag 20 %, da an diesen Tagen der Erholungseffekt einer Reise ohnehin eingeschränkt ist. Konkret betrug der tägliche Reisepreis 80,73 €. Im Ergebnis wurde deshalb dem Kläger und seiner Begleiterin für die verbleibenden 15 Tage der Reise auf dieser Grundlage eine Entschädigung von insgesamt 1.275,70 € zugesprochen.

Quelle: Landgericht Koblenz, ra-online (pm/pt)

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