24.11.2024
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Landgericht Karlsruhe Urteil24.04.2012

Ex-Siche­rungs­ver­wahrte erhalten wegen überlanger Siche­rungs­ver­wahrung Entschä­di­gungs­zah­lungenLandgericht Karlsruhe verurteilt das Land Baden-Württemberg zur Zahlung von Schadensersatz

Wegen überlanger Siche­rungs­ver­wahrung hat das Landgericht Karlsruhe das Land Baden-Württemberg in vier Fällen zu Entschä­di­gungs­zah­lungen in Höhe von insgesamt 240.000 € verurteilt.

Geklagt hatten vier Straftäter, die in den 70iger und 80iger Jahren wegen Vergewaltigung und teilweise weiterer Straftaten zu mehrjährigen Freiheits­s­trafen verurteilt worden waren. In den Urteilen war wegen der Gefährlichkeit der Täter die anschließende Siche­rungs­ver­wahrung angeordnet worden, die zum damaligen Zeitpunkt jedoch höchstens zehn Jahre andauern durfte. Nachdem diese Zehnjahres-Höchstgrenze 1998 vom Gesetzgeber aufgehoben wurde, blieben sie über diese zehn Jahre hinaus weitere acht bis zwölf Jahre in der JVA Freiburg in Siche­rungs­ver­wahrung.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte erklärte nachträgliche Siche­rungs­ver­wahrung für unzulässig

Im Dezember 2009 hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschieden, dass die nachträgliche Verlängerung der Siche­rungs­ver­wahrung gegen die Europäische Menschen­rechts­kon­vention verstößt. Die Kläger, die daraufhin im Jahr 2010 aus der Siche­rungs­ver­wahrung entlassen wurden, haben mit ihren Klagen Entschädigungen für die Dauer der zehn Jahre übersteigenden Siche­rungs­ver­wahrung gefordert.

LG Karlsruhe spricht Entschädigungen zu

Mit den Urteilen hat die für Amtshaf­tungs­sachen zuständige zweite Zivilkammer des Landgerichts Karlsruhe den Klägern Entschädigungen zugesprochen, blieb dabei aber in der Höhe der zugesprochenen Summen deutlich hinter den Klagforderungen zurück. Die Kammer betont in ihren Urteilen, dass dem Land und seiner Justiz zwar kein Vorwurf gemacht werden könne, da die Vollstre­ckungs­ge­richte, die die Fortdauer der Siche­rungs­ver­wahrung über die zuvor geltende Zehnjahresfrist hinaus anordneten, das damals geltende Bundesrecht pflichtgemäß anwandten. Eine Verurteilung des Landes hatte dennoch zu erfolgen, da die rückwirkende Aufhebung der Zehnjahresfrist gegen die Europäische Menschen­rechts­kon­vention verstieß und diese bei konven­ti­o­ns­widriger Freiheits­ent­ziehung einen verschul­den­su­n­ab­hängigen Entschä­di­gungs­an­spruch vorsieht.

Mtl. 500,- EUR Entschädigung

Für die Höhe des den ehemaligen Siche­rungs­ver­wahrten zustehenden Entschä­di­gungs­an­spruchs legten die Richter einen monatlichen Betrag von 500 € zugrunde, den der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte selbst in vergleichbaren Fällen zuerkennt. Damit sprach das Gericht den Klägern ca. die Hälfte bis zwei Drittel der jeweils eingeklagten Beträge zu, im Einzelnen 65.000 €, 49.000 €, 53.000 € und 73.000 €.

Quelle: ra-online, Landgericht Karlsruhe (pm/pt)

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